c’t uplink - der IT-Podcast aus Nerdistan: Grenzenlos wachsen: Wie IT-Riesen Wirtschaft und Umwelt zerstören | c’t uplink
Der c't uplink analysiert die Macht der "Magnificent Seven" und spielt europäische Open-Source-Konzepte gegenüber.
c’t uplink - der IT-Podcast aus Nerdistan
53 min read2795 min audioDer c't uplink widmet sich den "Magnificent Seven" - jenen sieben US-Tech-Konzernen (Amazon, Alphabet, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia, Tesla/SpaceX), die mit 18 Bio. € Marktwert die EU-Wirtschaftsleistung erreichen. Greta Friedrich, Andrea Trinkwalder und Hartmut Gieselmann zeigen auf, dass das Wachstum der Konzerne massive Ressourcen verbraucht: Rechenzentren allein verursachen in Dublin 80 % des Strombedarfs, während Nvidia ein Monopol auf KI-Beschleuniger hält und Aktienkurse sich von realen Gewinnen entkoppelt haben. Als Gegenstrategien präsentieren sie europäische Open-Source-Initiativen: die Schweiz baut ein transparentes nationales Sprachmodell, Schleswig-Holstein stellt Verwaltung und Schulen auf LibreOffice & Linux um. Kritisch bleiben sie, dass europäische Regulierungsversuche (Digital Markets Act) bisher an technischen Ausflüchten scheitern und hinter "grüner" KI-Werbung weiterhin Ausbeutung von Klickworkern im globalen Süden steckt.
### 1. Monopol-Blase: Marktkapitalisierung entkoppelt von realen Gewinnen
Die Redakteure betonen, die kombinierte Marktkapitalisierung der M7 entspreche dem EU-Bruttoinlandsprodukt, während ihr Anteil am realen Wertschöpfung minimal sei: "Es war wirklich also eine Grafik, wo irgendwie so mini-mini-Balken mit Gewinnen und Umsatz waren und riesige Balken mit der Marktkapitalisierung." Sie warnen vor einer Spekulationsblase, vergleichbar mit dem Eisenbahn-Crash vor 160 Jahren, bei der Kleinere zuerst pleite gehen würden.
### 2. Ressourcenfresser KI: Rechenzentren belasten Stromnetze massiv
Greta Friedrich erklärt, dass neue KI-Rechenzentren trotz effizienterer Hardware den absoluten Verbrauch steigern: "Die großen Unternehmen schaffen es halt, das auszugleichen ... indem sie noch mehr bauen." In Dublin entfielen längst 80 % des Stadtstroms auf Serverfarmen, in Frankfurt 40 %. Die Netzbetreiber warnen laut North American Electric Reliability Corporation bereits vor Engpässen.
### 3. Nvidia-Monopol: Ein einzelner Chipkonzern kontrolliert KI-Goldrausch
Hartmut Gieselmann beschreibt Nvidias Vormacht als "Schaufellieferant des digitalen Goldrauschs": Nur Nvidia biete leistungsfähige GPUs plus proprietäre CUDA-Umgebung, wodurch "absolute Monopolstellung" entstehe. Der Aktienwert von 4 Bio. US-Dollar sei entkoppelt vom operativen Geschäft und baue auf "Erwartungen der Anleger auf die Zukunft", was eine bevorstehende Blasenplatzen befürchten lasse.
### 4. Technofeudalismus: Plattformmacht führt zu neuen Abhängigkeiten
Die Autoren übernehmen das Konzept des Ökonomen Varoufakis: Microsofts 80-90 % Marktanteil bei Office ermögliche regelmäßige Preiserhöhungen um bis zu 40 % plus 400 € pro Jahr für KI-Copilot. Amazon verlange 30-50 % versteckte Gebühren von Marktplatz-Händlern und priorisiere eigene Produkte. Durch geschlossene Ökosysteme würden "Plattform-Feudalherren" Märkte privatisieren.
### 5. Europäische Alternativen: Schweizer Open-Source-KI und LibreOffice-Migration
Andrea Trinkwalder berichtet von hoffnungsvollen Projekten: Die Schweiz entwickelt ein vollständig transparentes, Open-Source-Sprachmodell für Landessprachen, trainiert im mit Ökostrom betriebenen Lugano-Rechenzentrum. Schleswig-Holstein migriert Verwaltung und Schulen sukzessive auf LibreOffice und Linux, um Microsoft-Abhängigkeiten zu reduzieren und langfristig Lizenzkosten zu sparen.
### 6. Ausbeutung im globalen Süden: Klickworker entschärfen brutale Inhalte
Greta Friedrich deckt auf, dass hinter KI-Modellen Millionen Klickworker weltweit stehen, die unter Prekarisierung labeln und schlimmste Inhalte (Folter, Missbrauch) moderieren müssen: "600, 700 Tickets pro Tag ... ohne psychologische Unterstützung." Die Techkonzerne würden Verantwortung über Subunternehmen ausborgen, während die Wertschöpfung in wenige Handvoll Unternehmen fließt.
## Einordnung
Der Podcast liefert eine stringent recherchierte, faktenreiche Abrechnung mit den Machtverhältnissen im globalen Tech-Markt. Die drei c't-Redakteur:innen verzichten auf billige Polemik, belegen Zahlen mit Quellen und zeigen Alternativen auf. Besonders wertvoll: Sie durchbrechen die Selbstverständlichkeit, mit der wir Monopolstrukturen akzeptieren, und benennen die sozialen sowie ökologischen Externalitäten. Kritisch bleibt, dass die europäischen Gegenentwürfe noch in den Kinderschuhen stecken; der Bogen von der Diagnose zur handlungsfähigen Gegenmacht wird gewagt, aber nicht vollends geschlossen. Für Hörer:innen, die verstehen wollen, warum ihre Stromrechnung, Software-Kosten und Freund:innen-Netzwerke von Kalifornien aus bestimmt werden, lohnt sich die knapp 40-minütige Analyse trotzdem – sie vermittelt ökonomische Zusammenhänge verständlich und ohne Fachchinesisch.
Hörempfehlung: Ja – wer wissen will, wie sieben Konzerne ganze Volkswirtschaften beeinflussen und was Europa dagegen tun könnte, bekommt hier eine informative, sachliche Einführung.