ADHS: Kein Grund zur Panik!: ADHS, Stress & der Weg zur Ruhe
Ein Psychiater erklärt den Teufelskreis zwischen ADHS-Symptomen und Stress und stellt Behandlungsmöglichkeiten vor.
ADHS: Kein Grund zur Panik!
29 min read1669 min audioIn dem Podcast "ADHS und Stress" ("Kein Grund zur Panik") erklärt Professor Andreas Menke, Chefarzt des Medical Park Chiemsee-Blick, die besonderen Herausforderungen von Menschen mit ADHS im Umgang mit Stress. Der Psychiater und Psychotherapeut führt aus, dass Menschen mit ADHS nicht nur mehr Stress erleben, sondern auch physiologisch schlechter damit umgehen können.
### Menschen mit ADHS hätten eine gestörte Stresshormonregulation
Menke erklärt, dass bei Menschen mit ADHS das Stresshormonsystem nicht richtig funktioniere: "Jetzt wissen wir, dass bei ADHS häufig zu wenig Cortisol und Blut ist." Studien zeigten, dass nur bei 40 Prozent aller ADHS-Kinder ein normaler Cortisol-Tagesrhythmus vorhanden sei. Diese physiologische Störung führe dazu, dass Betroffene "mit Stress schlechter umgehen" könnten als Menschen ohne ADHS.
### ADHS-Symptome würden selbst zusätzlichen Stress verursachen
Der Experte beschreibt einen Teufelskreis: "Ich habe Katastrophen, ich habe Organisationssachen, ich habe Dinge, die auf mich einprasseln, mit denen ich nicht gut umgehen kann." Die typischen ADHS-Symptome wie Aufmerksamkeitsprobleme, Hyperaktivität und Impulsivität würden kontinuierlich Stress produzieren.
### Erhöhtes Risiko für Komorbiditäten durch Stress
Menke warnt vor den Folgen dieser Kombination: "Das zusammengenommen mehr Stress, aber schlechter mit Stress umgehen, ist natürlich eine enorme Belastung für die Psyche, die psychische Gesundheit, aber auch die körperliche Gesundheit." Dies führe zu einem erhöhten Risiko für Depressionen, Suchterkrankungen und körperliche Leiden wie Diabetes oder Herzinfarkt.
### Lego-Therapie als innovative Entspannungsmethode
Als besondere Behandlungsmethode stellt Menke die "Lego-Gruppe" vor: "Diese Lego-Gruppe, wobei man kann natürlich sagen, es muss nicht unbedingt Lego sein [...] also in dieser Lego-Gruppe haben wir ein entspanntes Bauen, ein achtsames Bauen." Diese Methode biete taktile und optische Reize, ohne zu langweilen.
### Medikation könne Stressverarbeitung verbessern
Menke betont die Bedeutung der medikamentösen Behandlung: "Methylphenidat fördert tatsächlich auch die Cortisolausschüttung und dann kann ich natürlich auch wieder besser mit Stress umgehen." Die Medikation reduziere sowohl die ADHS-Symptome als auch die Stressbelastung.
### Qualifizierte Beratung sei bei ADHS-Coaching wichtig
Bei der Auswahl von Coaching-Angeboten mahnt Menke zur Vorsicht: "Coaching ist ja in dem Fall jetzt nicht geschützt, sondern kann ja jeder sagen. Und da sollte man darauf achten, dass das jemand macht, dem man auch vertrauen kann, der sich damit auskennt."
## Einordnung
Der Podcast präsentiert sich als wissenschaftlich fundierte Aufklärung zu ADHS und Stress, wobei Professor Menke kompetent und verständlich komplexe neurobiologische Zusammenhänge erklärt. Die Darstellung der physiologischen Grundlagen des Stresssystems und dessen Störungen bei ADHS wirkt plausibel und evidenzbasiert. Besonders hervorzuheben ist die differenzierte Betrachtung des Teufelskreises zwischen ADHS-Symptomen und Stresserleben.
Problematisch ist jedoch die unkritische Präsentation der "Lego-Therapie" als etablierte Behandlungsmethode, ohne dass deren Wirksamkeit durch Studien belegt wird. Hier vermischt sich seriöse medizinische Information mit wenig fundierten Therapieansätzen. Die Warnung vor unqualifizierten Coaching-Angeboten ist berechtigt, kommt aber spät und könnte deutlicher ausfallen. Positiv ist die Entstigmatisierung von ADHS und die Betonung der Bedeutung einer qualifizierten Diagnostik und Behandlung. Die Diskussion über Medikation wirkt ausgewogen und informativ, ohne Heilungsversprechen zu machen.
Der Podcast bietet grundsätzlich wertvolle Informationen für Betroffene und Angehörige, sollte aber kritisch bezüglich einzelner Behandlungsansätze betrachtet werden.