Der ZEIT-Nachrichtenpodcast „Was jetzt? Spezial“ begibt sich mit Reporter Issio Ehrich in die Demokratische Republik Kongo, um das milliardenschwere Bahnprojekt „Lobito-Korridor“ zu untersuchen. Die geplante Trasse von Kolwezi nach Lobito in Angola soll Kupfer und Kobalt aus dem Kongolesischen Kupfergürtel schneller an den Atlantik transportieren und dem Westen Unabhängigkeit von chinesischen Lieferketten bringen. Vor Ort spricht Ehrich mit dem Kleinbergarbeiter Christian Ngoy, der auf neue Abnehmer und faire Preise hofft, sowie mit dem vertriebenen Bauern Ernest Kayembe Miji, der um seine Lebensgrundlage bangt. Die Reportage zeigt das Spannungsfeld zwischen globalen Machtinteressen, lokaler Armut und fragwürdiger Entwicklungspolitik. ### 1. Kobalt-Monopol Chinas verzerrt den Markt Ngoy erklärt, chinesische Firmen würden Kleinbergarbeitern nur Kupfer abkaufen, obwohl Kobalt wertvoller sei. Durch die Kombination beider Metalle im Erz streiche China kostenlos Kobalt mit ein, während die Einheimischen leer ausgingen. ### 2. Westlicher Bahnkorridor als Antwort auf Chinas „Belt and Road“ EU und USA bewerben den Lobito-Korridor als „bessere Alternative“ und wollen 300 Mrd. Euro investieren, um afrikanische Staaten „wahre Partner“ statt „Schuldenfallen" zu bieten. Kritiker:innen sehen darin jedoch ein Gegenmodell mit ähnlich kolonialer Logik. ### 3. Vertreibungen und Entschädigungsprobleme Für den Ausbau von Industrieminen wurden Dörfer wie Mukumbi mit Gewalt geräumt; Bewohner:innen erhielten laut Miji nur 100-300 US-Dollar Entschädigung, während ein Teil der Summe im Verwaltungsapparat versickerte. ### 4. Informationsdefizit auf lokaler Ebene Bauern wie Miji kennen kaum Details zum Lobito-Korridor; Entscheidungen fallen in Kinshasa, Brüssel und Washington. Lokale Bevölkerung wird nicht einbezogen, was die Gefahr neuer Vertreibungen erhöht. ### 5. Historische Kolonialspuren Die heutige Trasse fußt auf einer Bahnlinie aus dem Jahr 1902; Archivtöne beschreiben sie als „Fortschritt fürs Herz der Finsternis“ und verharmlosen Zwangsarbeit und Ausplünderung durch Belgien und Portugal. ### 6. Zwielicht an den Minen Ngoy berichtet von "Mafia-Strukturen": Behördenvertreter:innen würden Schürfern 20% der Produktion abpressen; fehlende staatliche Regulierung fördere Korruption und Ausbeutung. ## Einordnung Die ZEIT-Reportage liefert eine dichte, journalistisch ambitionierte Bestandsaufnahme: Sie verortet das Mega-Projekt in geopolitischen Konkurrenzkämpfen, räumt aber auch ein, dass der Westen mit dem Lobito-Korridor primär eigene Rohstoffsicherheit betreibt. Besonders gelungen ist die subjektive Ebene: Die Hörer:innen erleben die Mine aus der Ich-Perspektive, spüren Enge, Dunkelheit und Gefahr. Gleichwohl bleibt die Sendung in ihrem Credo westlich-zentriert. „Bessere Option als China“ wird als selbstverständlicher Anspruch präsentiert, ohne dass etwaige Partnerländer diese Bewertung teilen oder Alternativen jenseits des Ost-West-Pendels diskutiert würden. Die koloniale Historie wird bemüht, doch ein systemischer Verzicht auf europäische Rohstoffreduktion bleibt unausgesprochen. Die Expertise externer Analysten, NGOs oder kritischer Wissenschaftler:innen fehlt fast vollständig; stattdessen dominieren persönliche Eindrücke. So entsteht eine emotionale, aber nur begrenzt vielschichtige Analyse bestehender Machtverhältnisse. Hörempfehlung: Wer sich für Afrikapolitik, Rohstoffkonflikte oder Geo-Ökonomie interessiert, bekommt hier eine lebendig erzählte, kritische Recherche – mit einigen blinden westlichen Flecken.