Kunst der Freiheit – Folge 2 des Gesprächs mit Susanne Lang und Robert Maruschke über linkes Organizing in der Partei Die Linke. Die beiden Organizing-Expert:innen erläutern, wie man aus einer „klinisch toten“ Partei eine lebendige Bewegung macht. ### 1. Organizing heißt, Menschen ernst nehmen und gemeinsam wachsen Robert Maruschke betont: „Organizing bedeutet eigentlich, dass wir systematisch Beziehungen zu den Leuten aufbauen, mit denen wir eigentlich die Welt verändern wollen.“ Die Methode sei nicht links-exklusiv, wohl aber links geprägt durch das Ziel: Solidarische Veränderung statt neoliberale Effizienz. ### 2. Erfolg erzeugt neue Probleme – drei „Problemzonen“ der Partei Susanne Lang erklärt, dass die größte Gefahr nicht in der Krise liege, sondern „in Momenten größten Erfolgs“. Die drei identifizierten Stolpersteine seien: kulturelles Unbehagen, Wissens- und Organisationslücken sowie dominante Erzählungen, die neue Mitglieder ausschließen. ### 3. Neue Mitglieder brauchen eine echte „User Journey“ Lang erzählt, dass Neumitglieder oft nur Zeitungsaustragen dürfen. „Es hat sich niemand dafür interessiert, welches Wissen und welche Erfahrung ich mitbringe.“ Stattdessen müsse die Partei „viel mehr aus der Sicht des neuen Mitglieds“ denken. ### 4. Technik allein reicht – Perspektivwechsel ist entscheidend Die Linke nutzt die Apps „Aktivisti“ und „Zkin“, um Haustürgespräche und Mitgliederansprache zu digitalisieren. Doch: „Am Ende entscheiden die Leute selbst.“ Die Haltung, nicht die Software, mache den Unterschied. ### 5. Internationale Vernetzung funktioniert nur ohne „Copy & Paste“ Beispiele KPÖ oder belgische PTB würden oft selektiv zitiert, um eigene Positionen zu stärken. Echter Austausch bedeute: „Nie copy-paste, sondern immer ein Hin und Her, Hin und Her, Hin und Her.“ ### 6. Disruptive Parteientwicklung lehnen beide ab Der Begriff „disruptiv“ sei nach der Trennung von Wagenknecht obsolet. „Zerstörerisch ist keine gute Idee“, sagt Lang. Stattdessen brauche es „organische“ Entwicklung, die alte und neue Kräfte zusammenführt. ## Einordnung Die Episode liefert einen seltenen Einblick in Organizing-Praxis jenseits von Slogans. Besonders bemerkenswert: Die Offenheit, mit der Lang und Maruschke über interne Schwächen sprechen – von Ausschlussmechanismen bis zur Überforderung neuer Mitglieder. Die Gesprächsführung bleibt dabei stets sachlich und reflektiert. Allerdings dominieren die eigenen Erfahrungen; kritische Stimmen aus der Basis oder Betroffenen, die Organizing ablehnen, fehlen. Die Annahme, dass „die Linke die einzige Partei“ sei, die über den Kapitalismus hinausdenke, wird nicht hinterfragt. Insgesamt ein informativer, wenn auch einseitiger Blick auf linken Organizing-Ansatz. Hörempfehlung: Für alle, die wissen wollen, wie Parteien interne Kulturen verändern können – mit konkreten Tools und ehrlichen Selbstkritiken.