Schwarze Akte - True Crime: #265 Tatort Elternhaus - Der Fall Martin T.
Ein spektakulärer Justizirrtum: Wie ein Teenager durch manipulative Verhörmethoden 17 Jahre unschuldig im Gefängnis verbrachte.
Schwarze Akte - True Crime
47 min read2735 min audioDer 17-jährige Marty entdeckt am 7. September 1988 seine Mutter Aline tot und seinen Vater Seymour schwer verletzt in ihrem Haus auf Long Island. Nur wenige Stunden später wird Marty selbst zum Hauptverdächtigen. Die Podcast-Hosts Anne Luckmann und Patrick Strobusch erzählen von einem Fall, der die Grenzen zwischen Ermittlungsstrategie und Manipulation aufzeigt.
### Marty werde durch eine Lüge zum Geständnis gebracht
Chefermittler James McCready habe Marty während des Verhörs gesagt, sein Vater sei aus dem Koma erwacht und habe ihn als Täter identifiziert. "Von einem Kollegen aus dem Krankenhaus angerufen. Martys Vater ist auch gar nicht mehr aus dem Koma erwacht. Er hat dementsprechend auch nie behauptet, dass sein Sohn Marty ihn angegriffen hat. James McCready hat sich das alles nur ausgedacht." Diese Falschinformation führte zu Martys Geständnis, das er nach stundenlangem Verhör ohne Anwalt ablegte.
### Physische Beweise würden Martys Geständnis widersprechen
An den von Marty als Tatwaffen genannten Gegenständen sei kein Blut gefunden worden. Zudem habe ein blutiger Handabdruck am Tatort ein wabenförmiges Muster aufgewiesen, "was typisch für eine Hand ist, die in einem Latex-Handschuh steckt". Marty selbst habe nie Handschuhe erwähnt, und es seien auch keine gefunden worden.
### Jerry verschwinde spurlos nach den Morden
Der Geschäftspartner Jerry, dem Seymour eine halbe Million Dollar geliehen hatte, sei kurz nach den Morden untergetaucht. "Zwei Wochen, nachdem sein Verschwinden auffällt, können ihn Beamte aber aufspülen. Und zwar auf der anderen Seite des Landes, in Long Beach, Kalifornien. Dort lebt er unter einem falschen Namen." Er habe 15.000 Dollar von einem gemeinsamen Firmenkonto abgehoben und sein Aussehen verändert.
### Neue Zeugen würden Jahre später andere Täter beschuldigen
Ein Zeuge namens Glenn habe 14 Jahre nach den Morden ausgesagt, er sei der Fahrer gewesen und habe Joey Gantz und Peter zum Tatort gefahren. "Joey Gantz und Peter gehen ins Haus hinein. Glenn wartet so lange im Auto. Als die beiden Männer zum Auto zurückkehren, da weiß Glenn sofort, dass irgendwas passiert ist." Mehrere weitere Zeugen stützten diese Version, darunter Joey Gantz' eigener Sohn.
### McCreadys Abteilung erreiche eine ungewöhnlich hohe Geständnisrate
Die Ermittlungsabteilung von James McCready habe "eine ziemlich hohe Geständnisrate, nämlich um die 94%". Diese Rate stelle die Frage nach den verwendeten Verhörmethoden. McCready selbst habe nie disziplinarische Konsequenzen für seine Vorgehensweise erhalten.
### Marty kämpfe nach 17 Jahren erfolgreich für seine Befreiung
Nach 17 Jahren unschuldiger Haft habe der New York Supreme Court Martys Verurteilung 2007 einstimmig aufgehoben. Er habe in der Haft Jura studiert und arbeite heute als Anwalt für andere zu Unrecht Verurteilte. "Seit 2008 ist es Marty und Marc gelungen, die Verurteilungen von insgesamt sieben unschuldigen Menschen aufzuheben."
## Einordnung
Der Fall zeigt exemplarisch, wie problematische Ermittlungsmethoden zu Justizirrtümern führen können. Besonders bemerkenswert ist die bewusste Falschinformation gegenüber einem minderjährigen Verdächtigen, die zu einem Geständnis führte, das 17 Jahre lang als Hauptbeweis diente. Die Podcast-Hosts arbeiten diese Ungereimtheiten strukturiert heraus und zeigen auf, wie alternative Verdächtige ignoriert wurden - etwa Jerry, der nach den Morden untertauchte und dessen Motiv offensichtlich war. Die Geschichte wird als Triumph der Ausdauer und des Glaubens an die Wahrheit erzählt, wobei die positive Entwicklung von Martys späterem Engagement für andere Unschuldige betont wird. Problematisch bleibt, dass die verantwortlichen Ermittler keine Konsequenzen trugen und der wahre Täter nie gefasst wurde.