Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #240 Hocheggers "Schattenrepublik" #5: "Geben und Nehmen"
Investigative Rekonstruktion des Telekom-Skandals, der Lobbyist Peter Hochegger erstmals rechtskräftig verurteilt hat.
Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast
12 min read4808 min audioDer fünfte Teil der Hochegger-Serie von "Die Dunkelkammer" beleuchtet den Telekom-Skandal, der Peter Hochegger seine erste rechtskräftige Verurteilung einbrachte. Der Investigativ-Podcast von Michael Nikbakhsh rekonstruiert detailliert, wie der Lobbyist ab 2000 zunächst als Berater für die Telekom Austria tätig war und später in eine "Grauzone" geriet. Hochegger schildert im Interview, wie seine Agentur Valora rund 17,8 Millionen Euro für Lobbying-Aktivitäten kassierte, wobei ein Teil des Geldes an politische Entscheidungsträger im In- und Ausland verteilt wurde. Er selbst bezeichnete sich als "Bankomatkarte" für Telekom-Manager, die "diverse Gefälligkeiten" ausgeführt habe. Der Podcast zeichnet nach, wie Hochegger 2005 nach seiner offiziellen Trennung von der Telekom im Auftrag von Vorständen wie Rudolf Fischer weitere 5,8 Millionen Euro für angebliche Auslandsprojekte erhalten haben soll. Letztlich gestand er im Prozess Schmiergeldzahlungen und wurde wegen Untreue zu einer bedingten Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt.
### 1. Hochegger war mehr als Lobbyist - er war Geldverteiler für Telekom-Manager
Hochegger beschreibt seine Rolle deutlich: "Ich war da ein bisschen so die Bankomatkarte für die Vorstände, die dann gesagt haben, der Hochegger, der kriegt ein bisschen Geld und der verteilt das dann in der Republik oder auch im Ausland." Diese Selbstcharakterisierung zeigt, dass seine Tätigkeit weit über normales Lobbying hinausging und in illegale Bereiche mündete.
### 2. Die Telekom nutzte Hochegger für Einflussnahme auf Privatisierung und Gesetzgebung
Die Zusammenarbeit begann 2000 mit dem Ziel, die Privatisierung der Telekom zu beeinflussen. Hochegger erklärt: "Und so bin ich dann ins Geschäft gekommen mit der Telekom. Und die Telekom war damals für mich und für meine Valora-Agentur ein riesen Umsatzfaktor." Seine Agentur kassierte in dieser ersten Phase 12 Millionen Euro für die "Vertretung von Interessen" gegenüber der Politik.
### 3. Internationale Schmiergeldzahlungen in Weißrussland, Kroatien, Mazedonien und Serbien
Nach 2005 erweiterte sich das Geschäftsmodell ins Ausland. Hochegger räumt ein: "Da haben wir uns natürlich auch engagiert und haben da diese Gelder dann verteilt an die politischen Entscheidungsträger, die aus Sicht der Telekom wichtig waren." Für diese zweite Phase kassierte Valora weitere 5,8 Millionen Euro, wobei 3,8 Millionen Euro angeblich für Auslandsprojekte bestimmt waren.
### 4. Hochegger nutzte fehlende Lobbying-Regulierung bewusst aus
Der Lobbyist gesteht, dass er juristische Grauzonen ausnutzte: "Aber es war halt damals auch eine Zeit, wo es noch keine strenge Lobbying-Gesetzgebung gegeben hat. Und so habe ich da wirklich diese Grauzone ausgenutzt." Er habe Informationen gefiltert und nicht nur die "guten Informationen" weitergegeben, sondern auch die "schlechten Informationen", also die "Wünsche der Telekom" an die Politik weitergeleitet.
### 5. Selbst-Anzeige führte zu Verurteilung wegen Untreue
Als sich Hochegger 2007 der Schwere seiner Taten bewusst wurde, stellte er sich selbst: "Ich habe mich damals selbst angezeigt, weil ich gesagt habe, das ist eine Geschichte, die kann ich nicht mehr. Da geht's um Korruption, da geht's um Parteienfinanzierung." Er erhielt eine bedingte Haftstrafe von zwei Jahren wegen Untreue, nachdem seine Diversion aufgehoben wurde.
## Einordnung
Nikbakhsh präsentiert in dieser Folge investigativen Journalismus auf höchstem Niveau. Die journalistische Stärke liegt in der nüchternen Rekonstruktion komplexer krimineller Strukturen, ohne dabei in Sensationsgeilheit zu verfallen. Besonders bemerkenswert ist die klare Trennung zwischen Tatsachenbehauptungen und Selbstauskünften des Interviewpartners - Hocheggers Aussagen werden regelmäßig durch Gerichtsverfahren und Anklagepunkte kontextualisiert. Der Podcast nutzt die Authentizität der Tonaufnahmen wirksam, ohne sich auf die bloße Selbstdarstellung des Lobbyisten zu verlassen. Die journalistische Methode überzeugt durch systematische Recherche: Zahlen, Zeiträume und juristische Bewertungen werden präzise benannt. Der investigative Ansatz zeigt sich darin, dass nicht nur die individuelle Schuld thematisiert wird, sondern strukturelle Probleme wie fehlende Lobbying-Regulierung und undurchsichtige Parteienfinanzierung. Die Folge demonstriert eindrucksvoll, wie professioneller investigativer Journalismus funktioniert: beharrliches Fragen, präzise Nachrecherche und die Vermittlung komplexer Zusammenhänge in verständlicher Form.
**Hörempfehlung:** Ein mustergültiges Beispiel für investigativen Podcast-Journalismus, das die Machenschaften eines Lobbyisten präzise entlarvt und dabei nie die journalistische Distanz verliert.