Kontext und Sprecher Pastor Malte Detje begrüßt gemeinsam mit Pastor Knut Nippe den Kirchenhistoriker Jan Reitzner. Im Gespräch geht es um Luthers Streitschrift "De servo arbitrio" (Vom unfreien Willen, 1525), ein Jubiläumsthema des Jahres. Die drei evangelischen Theologen diskutieren, warum Luther sich mit Erasmus von Rotterdam über die Frage streitet, ob der Mensch einen freien Willen habe, sich für Gott zu entscheiden. ### 1. Luther beanspruche absolute Wahrheit für sich Luther behaupte, seine Position sei "Sonnenklar", während Erasmus vorsichtig differenziere. Er kritisere an Erasmus dessen akademische Distanz: "Erasmus, du bist kälter als Eis." Luther wolle Gewissheit statt offener Fragen. ### 2. Luthers zentrale These: Der Mensch besitze keinen freien Willen Luther lehne die Vorstellung ab, der Mensch könne sich durch eigene Kraft für Gott entscheiden. Er argumentiere, alles sei Gnade (sola gratia); der Mensch sei durch Erbsünde unfähig, das Gute zu wählen. ### 3. Erasmus vertrete einen sanften Reformansatz Erasmus wolle die Kirche von innen reformieren, ohne Bruch mit Rom. Er halte an Papst und Hierarchie fest und argumentiere für einen begrenzten freien Willen, um Kirche und Gläubige nicht zu verunsichern. ### 4. Die Streitschrift entstehe in einer Umbruchszeit Das Jahr 1525 bringe Bauernkrieg, Luthers Hochzeit mit Katharina von Bora und seine Verbrennung der Bannbulle. Luther reagiere mit erhitzter Polemik auf Erasmus’ "De libero arbitrio", nicht aus akademischem Interesse, sondern aus Sorge um die Reformation. ### 5. Die Debatte wirke bis heute nach Die Folge zeige, warum viele evangelische Christen überrascht seien, wenn sie Luthers radikale Position entdecken. Die Diskussion wirft Licht auf Spannungen zwischen Freiheit und Unfreiheit, Glauben und Gehorsam, die bis heute prägen. ## Einordnung Die Episode bietet unterhaltsam aufbereitete Kirchengeschichte für ein kirchlich interessiertes Publikum. Die drei Pastoren pflegen eine lockere, witzige Gesprächskultur („Ich bin heute du. Oh Gott.“), die komplexe Theologie auf Alltagsvergleiche (Spielkonsole, Apple vs. Windows) herunterbricht. Die Gesprächsführung bleibt dabei auf der Ebene der Sympathie-Frage: „Wen finden wir heute überzeugender – Luther oder Erasmus?“ Inhaltliche Kritik an Luthers scharfer Polemik oder an der praktischen Konsequenz seiner Lehre (Entmündigung des Gläubigen) bleibt aus. Stattdessen wird Luthers Assertio als seelsorgerische Notwendung gerahmt: Gewissheit statt endloser Selbstzweifel. Historische Kontexte wie antijüdische Passagen oder Luther’sche Gewaltaufrufe werden nicht erwähnt. Die Perspektive bleibt rein evangelisch-intern; katholische, freikirchliche oder säkulare Stimmen fehlen. Die Sendung ist kein kritisch-journalistisches Format, sondern ein kirchliches Unterhaltungsangebot. Wer sich für reformatorische Theologie unterhalten will, bekommt eine zugängliche Einführung. Wer eine kontroverse Auseinandersetzung mit Macht, Freiheit und Kirche erwartet, wird enttäuscht. Hörempfehlung: Geeignet für Evangelikale und Kircheninteressierte, die Lust auf unterhaltsame Kirchengeschichte haben. Für kritische Auseinandersetzung mit Luther oder religiöser Vielfalt weniger geeignet.