RONZHEIMER.: Deutscher Reporter überlebt russischen Angriff – seine Begleiter nicht. Mit Ibrahim Naber
WELT-Reporter Ibrahim Naber schildert im Gespräch mit Paul Ronzheimer den Drohnenangriff, bei dem ein ukrainischer Soldat starb, und erklärt, warum er nach seiner Verletzung wieder in die Ukraine zurück will.
RONZHEIMER.
18 min read2845 min audioPaul Ronzheimer spricht mit seinem WELT-Kollegen Ibrahim Naber, der bei einem russischen Drohnenangriff an der ukrainischen Front verletzt wurde. Naber schildert, wie er gemeinsam mit ukrainischen Soldaten in einem nahezu leeren Dorf nahe der Front übernachtete und am nächsten Morgen beim Aufmachen von Aufnahmen von einer Lanzet-Drohne getroffen wurde. Ein ukrainischer Offizier kam ums Leben, mehrere Menschen wurden schwer verletzt. Naber berichtet von seiner Verletzung, den unmittelbaren Einschlagsfolgen, der Angst vor Nachschlägen und dem Mangel an wirksamer Drohnenabwehr. Trotz des traumatischen Erlebnisses und bereits erlebter Albträume kündigt er an, nach seiner Genesung wieder in die Ukraine zurückzukehren, um die Geschichten der Betroffenen zu erzählen. Ronzheimer versteht diese Motivation aus eigener Krisenerfahrung und betont gemeinsam mit Naber die journalistische Pflicht, die Realität des Krieges authentisch zu dokumentieren.
### Drohnenangriff verletzte mehrere Menschen tödlich
Naber erinnert sich, dass die Kamikaze-Drohne ein lautes surrendes Geräusch verursacht habe, bevor sie einschlug: "Das ist das Geräusch einer Drohne [...] das man in der Ukraine mittlerweile sehr gut kennt. Wenn man das hört, ist es eigentlich schon zu spät." Der Detonation folgten Schreie, Staub und Verletzte. Er selbst konnte sich nur mit Mühelos bewegen und stellte Blut an seinem Bein fest, während um ihn herum schwer verletzte und tote Kameraden lagen.
### Getöteter Offizier hatte nur Stunden zuvor von seiner Familie erzählt
Der ukrainische Offizier, der bei dem Angriff starb, habe im Unterstand noch Fotos von Frau und Kindern gezeigt und von seiner Zeit als Bauarbeiter berichtet. Naber betont, wie schnell sich Stimmung und Perspektive binnen Sekunden ändern: "Wir haben noch Witze gemacht, wir haben noch gelacht. [...] Und dann sind wir los [...] er ist dann direkt vor Ort ums Leben gekommen."
### Ukraine fehlt laut Naber an Drohnenabwehr
Die Gefahr solcher Angriffe werde durch den Mangel an Luftabwehrsystemen für kleine Drohnen verstärkt. Lanzet-Drohnen könnten von 40 km Entfernung starten und seien nur schwer abwehrbar. "Die Ukraine hat gegen diese Drohnen [...] keine Luftabwehr. Die können die nicht abfangen", konstatiert Naber und fordert mehr westliche Flugabwehrunterstützung.
### Kriegsreporter: "Die Menschen dort brauchen uns"
Trotz Trauma und Verletzung will Naber zurückkehren, um die Stimme der Betroffenen zu sein: "Die Menschen, die dort leben, die haben keine Stimme [...] Wir sind die einzigen, die dort sind und die diese Geschichten erzählen können." Ronzheimer unterstreicht diese Selbstverpflichtung, auch wenn sie Risiken für Reporter und Begleiter birgt.
## Einordnung
Der Podcast folgt einem klassischen Krisen-Journalismus-Format: persönliche Betroffenheit, emotionale Nähe, detaillierte Schreckensschilderung und eine deutliche moralische Botschaft für mehr westliche Militärhilfe. Die Gesprächsführung bleibt auf Identifikationsebene; kritische Fragen etwa zur Bewertung der eigenen Risikoübernahme oder zur Rolle von Medien in Kriegsgebieten werden kaum gestellt. Die Wiederholungen in Nabers Antworten wirken wie Rede-Floskeln und entzaubern mitunter die Authentizität. Der Fokus liegt auf dem individuellen Leid, strukturelle Analysen des Krieges oder ukrainische wie russische Perspektiven bleiben außen vor. Die Episode funktioniert damit als emotionale Involviierung der Hörer:innen für mehr Unterstützung der Ukraine, nicht als analytische Auseinandersetzung mit der Situation vor Ort. Die journalistische Selbstverständlichkeit, „die Wahrheit zeigen zu müssen“, wird nicht hinterfragt, die möglichen Konsequenzen für Interviewpartner und lokale Begleiter werden allenfalls angerissen.