Der Law Report der australischen ABC Radio National diskutiert in dieser Folge zwei zentrale Themen: die prekäre Lage von Menschen auf temporären Visa während der Corona-Pandemie und die Einschränkung von Protestrechten durch Notstandsgesetze. Jennifer Huppert vom Federation of Community Legal Centres schildert, dass internationale Studierende, Asylsuchende und andere temporäre Migrant:innen ohne staatliche Unterstützung dastehen, was zu steigender Armut und Obdachlosigkeit führen könnte. Huppert fordert die Ausweitung von JobKeeper und JobSeeker auf diese Gruppen. Samantha McGarrigle vom Human Rights Law Centre kritisiert, dass Polizei COVID-19-Notstandsbefugnisse nutze, um Proteste zu unterdrücken – selbst wenn keine Gesundheitsgefahr bestehe. Die rechtswidrige Anwendung führe zu einem „chilling effect“ und beschädige die Demokratie. Beide Expert:innen werfen der Regierung vor, Menschenrechte zu ignorieren und fordern proportionale, menschenrechtskonforme Maßnahmen. ### Menschen auf temporären Visa als „vergessene“ Corona-Opfer Huppert berichtet, dass internationale Studierende, 457/482-Visa-Inhaber:innen, Bridging-Visa-Empfänger:innen und Asylsuchende keinen Zugang zu Sozialleistungen hätten. Viele seien arbeitslos, könnten ihre Familien nicht ernähren und auch nicht in ihre Heimatländer zurückkehren, weil Flüge fehlten oder Angehörige dort ebenfalls vom Virus betrofen seien. „They have no options“, betont sie. ### Drohende humanitäre Krise Die Anwältin warnt, dass ohne staatliche Hilfe Obdachlosigkeit, Armut und psychische Erkrankungen stark zunehmen würden. Die Betroffenen seien Teil der Gesellschaft, zahlten Steuern und arbeiteten oft in essenziellen Dienstleistungen. „If they are suffering, then the whole community is suffering.“ ### Polizei nutze Corona-Vorschriften zur Protest-Unterdrückung McGarrigle dokumentiert eine „significant increase“ an Bußgeldern und Festnahmen bei Protesten. Beamte würden Notstandsbefugnisse weit auslegen; selbst Einzelpersonen, die sich abstandsgerecht versammelten, würden mit Strafen belegt. Die Maßnahmen seien „disproportionate“ und dienten nicht dem Infektionsschutz, sondern der „suppression of dissent“. ### Schere zwischen Recht auf Versammlung und öffentlicher Gesundheit Laut McGigrigle dürfe das Versammlungsrecht nur „necessary and proportionate“ eingeschränkt werden. Viele Eingriffe erfüllten dies nicht. Die Praxis führe zu Angst und wirke abschreckend auf künftige Demonstrationen zu Klima, Rassismus oder indigenen Rechten. Regierungen müssten die Befugnisse zurückfahren und Polizei an Menschenrechtsstandards binden. ## Einordnung Der Law Report präsentiert sich als klassisches journalistisches Interviewformat, das professionelle Expert:innen zu Wort kommen lässt. Moderator Damien Carrick stellt klare Nachfragen, lässt aber keine Gegenpositionen zu Wort – etwa Vertreter:innen der Regierung oder der Polizei. Die Folge wirbt für Empathie mit Migrant:innen und für den Schutz zivilgesellschaftlicher Freiheitsrechte, ohne verschwörerische oder rechte Narrative zu bedienen. Die Argumentation bleibt sachlich, belegt durch Zahlen und juristische Bewertungen. Tendenziell übernimmt der Podcast die Perspektive der Community Legal Centres und der Menschenrechtsorganisationen, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Die Diskussion über temporäre Visa und Protestrechte ist angesichts globaler Corona-Politik gesellschaftlich relevant; die Sendung liefert eine kurze, informative Bestandsaufnahme, bleibt aber oberflächlich, weil keine Regierungsstimme mit dabei ist.