Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #250 Hocheggers "Schattenrepublik" #8 / Der Fall Pilnacek #19: "Das möchte ich mir ersparen"
Die Folge rekonstruiert die Odyssee des "Pilnacek-Tapes" und dessen Laptops, sie verrät Details über vereitelte ÖVP-Interventionen und zeigt, wie brisante Beweise monatelang privat zirkulierten.
Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast
44 min read2573 min audioDie achte Folge der Serie über Peter Hocheggers Memoiren verschmilzt mit der Pilnacek-Reihe. Im Fokus: eine heimliche Tonaufnahme (das "Pilnacek-Tape") und ein verschwundener Laptop. Der Lobbyist Peter Hochegger und "Kronen Zeitung"-Redakteur Erich Vogl schildern, wie sie mit dem Band in Kontakt kamen, warum sie es trotzdem nicht veröffentlichten, solange Pilnacek lebte, und wie anschließend österreichische Spitzenpolitiker:innen die Veröffentlichung verhindern wollten. Parallel dazu rekonstruieren sie die Odyssee von Pilnaceks privatem Laptop: von einer Polizistin über mehrere Zwischenstationen („unter der Matratze“, „grünes Sackerl“) bis zur Übergabe an die parlamentarische Untersuchungskommission. Die Spur offenbart zwar keine „Smoking Gun“ für die auf dem Tape erhobenen Vorwürfe gegen die ÖVP, deutet aber auf ein weitreichendes Beziehungsgeflecht zwischen Politik, Justiz und Wirtschaft hin – etwa ein geplatztes Immobiliengeschäft über 1,3 Mio. Euro, das Pilnacek angeblich aus Dubai erwartete.
### 1. Tonband existierte Monate vor Pilnaceks Tod
Hochegger erfuhr laut eigener Aussage nach seiner Rückkehr aus Brasilien von der Aufnahme, hielt sie aber zunächst für zu persönlich. Erst nach Pilnaceks plötzlichem Tod sei klar gewesen, dass „dies ein zeitgeschichtliches Dokument“ sei, das man der Öffentlichkeit nicht vorenthalten dürfe.
### 2. ÖVP-Spitze wollte Veröffentlichung verhindern
Vogl berichtet, dass „höchste Stellen“ der ÖVP sowohl bei der „Kronen Zeitung" als auch beim ORF intervenierten, um die Publikation zu stoppen. Die Argumentation sei erfolglos geblieben; das Material erschien im November 2023.
### 3. Kein Informationsfluss an Pilnacek selbst
Obwohl mehrere Gesprächspartner:innen von dem Mitschnitt wussten, habe man den Sektionschef nicht informiert. Begründung: keine rechtliche Pflicht und Sorge, dass die Aufnahme dann u. U. nie ans Licht käme.
### 4. Laptop wurde systematisch durch mehrere Hände geschleust
Nach Pilnaceks Tod ging sein privater Rechner nicht an die Behörden, sondern wanderte von dessen Lebensgefährtin über einen IT-Techniker und den Unternehmer Wolfgang Rauball bis zum Journalisten Vogl. Unterwegs entstanden Sicherungskopien, bevor das Gerät schließlich der WKStA-nahen Untersuchungskommission überstellt wurde.
### 5. Daten liefern Hinweise auf „Schattenrepublik“, aber keine Einzelbelege für ÖVP-Druck
Die Auswertung zeigt zahlreiche dienstrechtlich nicht zugängliche Akten und Kontakte, belegt aber laut Vogl und Nikbakhsh keine konkreten Nachweise für die auf dem Tape erhobenen Druck-Vorwürfe. Ein verschwundener USB-Stick („Lebensversicherung") mit mutmaßlich brisanteren Dateien bleibt spurlos.
### 6. Finanzierung von Immobilie offenbart mögliche Zahlungsströme aus Dubai
Ein brisantes Indiz ist laut Hochegger ein geplantes 1,3-Millionen-Euro-Hauskauf, den Pilnacek sich von einer Zahlung aus Dubai habe finanzieren wollen. Diese Information stammt vom inzwischen verstorbenen Mittelsmann Wolfgang Rauball und kann nicht mehr überprüft werden.
## Einordnung
Die Folge wirkt wie ein investigatives Puzzle, bei dem die Beteiligten ihre Rolle als „Pfadfinder" eines brisanten Datensatzes offenlegen. Die journalistische Stärke liegt in der detaillierten Rekonstruktion einer möglicherweise politisch motivierten Vertuschungskette: vom Druck auf Redaktionen bis zur fast schon kafkaesken Reise des Laptops durch Wiener Kaffeehäuser und Wohnzimmer. Gleichzeitig bleiben die zentralen Beweise – USB-Stick, Dubai-Transfer, angebliche ÖVP-Interventionen – diffuse Faktoren, was der Geschichte einen leicht conspirativen Beigeschmack verleiht. Besonders auffällig: Die Akteure begründen ihr zögerliches Vorgehen mit dem „System Schattenrepublik", liefern aber keine belastbaren Unterlagen für die schwerwiegendsten Vorwürfe. So bleibt der Eindruck eines spannenden, aber letztlich offenen Katz-und-Maus-Spiels, das vor allem die Frage aufwirft, warum zentrale Beweismittel monatelang privat zirkulierten, anstatt sofort unabhängigen Ermittler:innen zugeleitet zu werden. Für Hörer:innen, die sich für österreichische Netzwerke zwischen Politik, Justiz und Wirtschaft interessieren, lohnt der Blick; wer definitive Beweise erwartet, wird enttäuscht sein.
Hörwarnung: Du erhältst spannende Einblicke in eine mögliche Verschleierungsdynamik, musst dich aber auf teils unbestätigte Indizien und gehäuftes „Hörensagen“ einlassen.