Streitkräfte und Strategien: Der bange Blick nach Alaska (mit Janis Kluge)
Der NDR-Podcast analysiert das brisante Trump-Putin-Treffen in Alaska und dessen mögliche Folgen für die Ukraine ohne westliche Beteiligung.
Streitkräfte und Strategien
42 min read2359 min audioDer NDR-Podcast "Streitkräfte und Strategien" widmet sich in dieser Folge dem hochbrisanten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Machthaber Wladimir Putin in Alaska. Die langjährigen ARD-Korrespondent:innen Stefan Niemann und Astrid Corall analysieren gemeinsam mit dem Russland-Experten Janis Kluge (Stiftung Wissenschaft und Politik) die Erwartungen, Risiken und möglichen Folgen dieses Treffens für die Ukraine und Europa.
### 1. Putin erziele bereits vor Verhandlungsbeginn einen "riesigen Erfolg"
Janis Kluge betont, dass Putin allein durch die Einladung nach Alaska gewinne: "Das ist für Putin ein riesiger Erfolg [...] dass es überhaupt stattfindet, ganz unabhängig davon, was jetzt im Laufe dieses Gipfels dann besprochen oder gar beschlossen wird." Die bloße Tatsache des Treffens auf US-Boden breche die Isolation Russlands.
### 2. Trump könne ohne Ukraine und Europa über deren Köpfe hinweg entscheiden
Astrid Corall hebt die Sorge hervor, dass Trump "sich über die Köpfe der Ukrainer und Europa hinweg entscheiden könnte". Die Ukraine und die Europäer säßen nicht am Verhandlungstisch, während Trump bereits von möglichen Gebietsabtretungen gesprochen habe.
### 3. Russland verfüge über erhebliche militärische und wirtschaftliche Durchhaltefähigkeit
Kluge schätzt, dass Russland "aktuell auf dem Schlachtfeld [...] und auch in der Situation zu Hause tatsächlich besser dasteht". Es gebe "weder aus der Elite noch aus der Bevölkerung nennenswerten Widerstand gegen diesen Krieg" und die Finanzierung sei zwar schwieriger geworden, aber noch keine akute Bedrohung.
### 4. Keine realistischen Sicherheitsgarantien für die Ukraine ohne NATO-Mitgliedschaft
Bezüglich möglicher Sicherheitsgarantien für die Ukraine erklärt Kluge: "Ich sehe aktuell niemanden, der wirklich glaubwürdige Sicherheitsgarantien geben kann [...] Das einzige, was aus meiner Sicht wirklich helfen würde, wäre die NATO-Mitgliedschaft." Alle anderen Optionen erwiesen sich als nicht bindend genug.
### 5. Trump könnte Sanktionen gezielt lockern, ohne vollständige Normalisierung
Kluge sieht mögliche Zugeständnisse Trumps eher in selektiven Sanktionslockerungen: "Bei den Sanktionen ist es schon ein bisschen anders [...] wenn Trump sich jetzt breitschlagen lässt, Russland Flugzeugteile zu liefern [...] dann wäre das [...] an einer Stelle schwächen, wo sie eigentlich sehr wirksam sind."
## Einordnung
Die Folge zeigt journalistische Professionalität durch sorgfältige Recherche und differenzierte Expert:innenmeinungen. Die Moderator:innen vermeiden einfache Schwarz-Weiß-Malerei und räumen ein, dass die Ausgangslage komplex ist. Besonders bemerkenswert ist die klare Benennung von Machtasymmetrien: Während Putin als erfahrener Machtpolitiker dargestellt wird, erscheint Trumps Vorgehen als impulsiv und wenig vorbereitet. Die Expertise von Janis Kluge liefert wertvolle Kontextualisierung, ohne in Spekulation zu verfallen. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass die Perspektive russischer Zivilgesellschaft oder oppositioneller Kräfte vollständig fehlt - die Analyse bleibt auf westliche Beobachter:innen beschränkt. Die Europäer:innen werden zwar als besorgte Beobachter:innen präsentiert, ihre eigene Verantwortung für die Eskalation wird nicht hinterfragt. Insgesamt liefert der Podcast eine informative, wenn auch nicht vollständig ausgewogene Analyse des historischen Gipfeltreffens.