Der Tag: Anerkennung Palästinas - Warum Frankreich sich der Mehrheit anschließt
Frankreichs Palästina-Anerkennung und Trumps Epstein-Kehrtwende: Zwei internationale Krisen im journalistischen Fokus.
Der Tag
31 min read1891 min audioDer öffentlich-rechtliche Nachrichtenpodcast "Der Tag" behandelt in der Episode vom 25. Juli 2025 mit Moderatorin Stephanie Rohde zwei internationale Themen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigt an, Palästina im September bei der UN-Vollversammlung als Staat anzuerkennen - als erster G7-Staat. Korrespondent Kai Rienecker aus Paris erklärt die Hintergründe dieser Entscheidung und die unterschiedlichen Reaktionen in der französischen Politik. Im zweiten Teil analysiert USA-Korrespondentin Doris Simon die Kontroverse um die nicht veröffentlichten Epstein-Dokumente und deren mögliche Auswirkungen auf Donald Trumps Präsidentschaft.
### 1. Frankreich wolle Palästina trotz deutscher Skepsis anerkennen
Macron kündige für September bei der UN-Vollversammlung die Anerkennung Palästinas als Staat an. Dies wäre ein Novum unter den G7-Staaten, während Deutschland weiterhin auf Verhandlungen vor einer Anerkennung bestehe. Korrespondent Rienecker erläutert: "Dass Frankreich einen Palästinenser-Staat grundsätzlich anerkennen wollte, das ist nicht nur schon eine Entwicklung der letzten Monate, sondern liegt im Grunde voll in der Linie auch der französischen Außenpolitik der letzten Jahrzehnte."
### 2. Die gescheiterten Waffenstillstandsverhandlungen als Auslöser
Als unmittelbaren Anlass nennt Rienecker das Scheitern der Doha-Verhandlungen: "Es waren wahrscheinlich so aktuelle Momente, wie dass gestern ja auch die Meldungen kamen, dass die Verhandlungen um einen Waffenstillstand im Gazastreifen, die ja in Doha geführt werden, zumindest mal von den Amerikanern verlassen wurden und sozusagen vor dem Scheitern stehen." Hinzu komme die "humanitäre Katastrophe" in Gaza und israelische Annexionspläne.
### 3. Trump verweigere entgegen früherer Versprechen die Veröffentlichung der Epstein-Akten
USA-Korrespondentin Simon berichtet über Trumps Kehrtwende bei den Epstein-Dokumenten. Obwohl er im Wahlkampf deren Veröffentlichung versprochen habe, blockiere er sie nun. "Trump hat Wahlkampf gemacht mit dieser Ankündigung, die Epstein-Dokumente zu veröffentlichen", doch seine Justizministerin habe im Juli erklärt, "es gibt keine Liste, es gibt nichts Neues, wir werden nichts veröffentlichen."
### 4. Trumps Name tauche mehrfach in den Epstein-Unterlagen auf
Das Wall Street Journal habe enthüllt, dass Trumps Name in den Akten vorkomme, was die Kehrtwende erkläre. Simon zitiert eine besonders problematische Geburtstagskarte an Epstein: "Jeden Tag wunderbare Geheimnisse. Im Zusammenhang mit einem Menschen, der wegen systematischem Missbrauch, Gewalt an Minderjährigen beurteilt worden ist, klingt das einfach überhaupt nicht gut."
### 5. Die französische Gesellschaft sei beim Nahostkonflikt tief gespalten
Rienecker beschreibt die innenpolitischen Spannungen: "Die Gesellschaft auch hier in Frankreich ist sehr polarisiert, was die Palästina- und Nahostfrage angeht. Das spürt man hier förmlich in der Gesellschaft." Frankreich habe sowohl "die größte muslimische und auch palästinensische Community" als auch "die größte jüdische Gemeinde Europas".
### 6. Die Epstein-Affäre könne Trump bei den Midterm-Wahlen schaden
Simon sieht politische Risiken für die Republikaner: "Viele republikanische Abgeordnete fürchten das." Die Basis habe Trump als denjenigen gesehen, "der endlich mal Klarschiff macht" - seine Kehrtwende verstünden "die Leute nicht". Das Thema beschäftige die Anhänger seit Jahren und werde "nicht so schnell weggehen".
## Einordnung
Die Episode zeigt professionelle Auslandsberichterstattung mit fundierten Korrespondenten-Analysen zu komplexen geopolitischen Entwicklungen. Beide Themen werden sachlich und differenziert behandelt, wobei die journalistische Qualität durch direkte Zitate, Kontextualisierung und kritische Nachfragen überzeugt. Bei Frankreichs Palästina-Politik gelingt eine ausgewogene Darstellung der verschiedenen Positionen ohne normative Bewertungen - Rienecker erklärt sowohl Macrons Motivation als auch die Kritik jüdischer Organisationen. Die Analyse der deutschen Position bleibt deskriptiv, ohne die unterschiedlichen außenpolitischen Traditionen der Nachbarländer zu bewerten.
Die Epstein-Geschichte wird investigativ aufgearbeitet, wobei Simon klar zwischen Fakten und Spekulationen trennt. Problematisch erscheint allerdings die unkritische Verwendung des Begriffs "Genozid" im Gaza-Kontext ohne journalistische Einordnung - hier fehlt der Hinweis auf die umstrittene rechtliche Bewertung. Die Berichterstattung profitiert von der Expertise der Korrespondenten vor Ort, die politische Dynamiken und gesellschaftliche Stimmungen authentisch einordnen können. Insgesamt eine informative Episode, die komplexe internationale Entwicklungen verständlich macht.