Die phoenix runde diskutiert unter dem Titel "Streit um Stadtbild – Vorurteil oder Realität?" über die Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz, wonach "migrantische Menschen ohne Aufenthaltsrecht und Arbeit" das Stadtbild prägten. Zu Gast sind Ahmad Mansour (Psychologe und Extremismusforscher), Elsa Koester (Chefredakteurin *Der Freitag*), Mekonnen Mesghena (Migrationsforscher, Heinrich-Böll-Stiftung) und Stefan W. (Gewerkschaft der Polizei Berlin). ### 1. Mansour: Die Debatte sei überfällig Mansour betont, es gebe "gesamte Straßenzüge in den Händen von Hamas-Sympathisanten" und eine "enorme" Kriminalstatistik. Es gelte, über Zustände zu sprechen, "bevor diese Sprache woanders anlandet, nämlich bei Rechtsradikalen". Konkrete Belege oder Zahlen liefert er nicht. ### 2. Koester: „Stadtbild“-Begriff sei rassistisch Koester wirft Merz vor, mit dem Begriff „Stadtbild“ Menschen am Aussehen zu erkennen und zu kriminalisieren. Sie kontert Mansours Forderung nach Abschiebungen mit dem Hinweis, dass auch rechte Frauenbilder und neonazistische „Stadtbilder“ nicht mit Ausweisungen gelöst würden. ### 3. We: Polizei fordert klare Regeln Der Gewerkschafter plädiert für offene Problembenennung „ohne gleich Rassismusvorwurf“. Es brauche „klare Regeln“ für Menschen, „die sich nicht integrieren wollen“, bis hin zur Ausreise. Die Opferperspektive werde in Debatten vernachlässigt. ### 4. Mesghena: „Stadtbild“-Konzept ist ästhetisch und rassistisch Mesghena kritisiert, dass „geordnete“ Bilder stets mit „weiß-deutsch“ assoziiert würden, während „nicht-weiße“ Milieus pauschal als problematisch gelten. Er berichtet, als Schwarzer selbst Bahnhöfe gemieden zu haben, weil sie für ihn gefährlich waren – ein „Stadtbild", das bislang kaum Thema sei. ### 5. Kriminalitätsstatistik bleibt unterschiedlich gedeutet Mehrfach wird ein "überproportionaler" Anteil migrantischer Tatverdächtiger genannt. Details zur Berechnung, zur Anzeigeverzerrung oder zur Täter-Opfer-Konstellation bleiben aus; wissenschaftliche Kontroversen werden nur angerissen. ### 6. Einigung: Gespräch mit Betroffenen statt über sie Alle Gäste fordern, mit statt über Menschen vor Ort zu sprechen. Ein „Stadtbildgipfel“ im Kanzleramt wird vorgeschlagen; ob dieser neue Ansatz oder alte Deutungsmuster befeuert, bleibt offen. ## Einordnung Die Diskussion pendelt zwischen Forderung nach offener Problembenennung und Warnung vor rassistischer Ästhetik. Faktenchecks, differenzierte Statistiken oder Expertise zu Ursachen jenseits von Herkunft (z. B. sozioökonomische Lage, Altersstruktur) fehlen fast vollständig. Stattdessen dominieren Emotionen, Einzelbeobachtungen und Umfragezitate. Die Moderation lenkt selten nach, etwa wenn Mansour pauschal „70 % der Sexualstraftäter“ als „nicht deutsch“ benennt oder wenn Rechtsextremismus nur als „gibt’s auch“ am Rande erwähnt wird. So bleibt das Format hinter seinem journalistischen Anspruch zurück: Es liefert weder belastbare Daten noch stellt es die verwendeten Begriffe („kulturelles Gepäck“, „illegale Migranten“) systematisch zur Diskussion. Der Fokus auf visuelle „Störungen“ verstärkt eine Symbolpolitik, die reale Lebenslagen und komplexe Sicherheitsprobleme vereinfacht. Der Beitrag sensibilisiert für unterschiedliche Wahrnehmungen, verharrt aber in einer Argumentationsstruktur, die migrationskritische Klischees eher bestätigt als hinterfragt. Hörwarnung: Wer Klarheit zu Statistiken, rechtlichen Kategorien oder wissenschaftlich belegten Zusammenhängen zwischen Migration und Kriminalität sucht, wird hier kaum fundierte Antworten finden.