Der Nebelspalter-Podcast bezeichnet sich selbst als "grösster nicht-linke Podcast der Schweiz" und lädt mit Thomas Süssli, dem scheidenden Chef der Schweizer Armee, zu einem Gespräch über die militärische Lage der Schweiz. Süssli beschreibt die Armee als handlungsfähig für kleinere Einsätze, sieht aber seit dem Ukraine-Krieg 2022 eine gravierende Lücke bei der echten Landesverteidigung: das Material stamme teils aus den 1960er-Jahren, moderne Panzer fehlten, und für eine Komplettaufrüstung würden über 40 Milliarden Schweizer Franken benötigt. Mit dem aktuellen Budget wäre die Armee frühestens Mitte der 2030er-Jahre einsatzbereit – eine Zeitspanne, die angesichts der Einschätzung, dass ein Krieg mit Russland innerhalb von fünf Jahren möglich sei, als viel zu lang gilt. Süssli fordert deshalb kleine, schnelle Schritte statt eines "Armee 20 50"-Programms. Die Episode vermittelt die Auffassung, dass Neutralität nur mit starker Bewaffnung funktioniere, und Russland werde aktiv versuchen, Europa zu spalten. ### Die Armee sei zwar für kleine Aufgaben gerüstet, aber nicht für Landesverteidigung Süssli räume ein, dass die Armee ihre bisherigen Aufgaben wie Unterstützung der Behörden oder der Ukraine Recovery Conference gut bewältigt habe. Doch seit dem 24. Februar 2022 gelte: "Verteidigung dürfen nicht nur Kompetenz erhalten, sondern wir müssen wieder können verteidigen. Und das können wir heute wenig." ### Veraltetes Material und hohe Kosten erschweren Aufrüstung Die Panzer stammten aus den 1960er-Jahren und erreichten nur 20 km Reichweite, moderne Systeme schaffen 50–70 km. Für eine Komplett-Aufrüstung brauche es über 40 Milliarden Franken plus 2 Milliarden Munition, mit dem aktuellen Budget sei das frühestens Mitte der 2030er möglich. ### Parlament habe zwar mehr Geld gebilligt, doch das reiche nicht Süssli nennt die Erhöhung der Ressourcen um 4 Milliarden und zusätzliche Kredite für Luftverteidigung ein positives Zeichen, kontert aber: "Dann sind wir von 30 wieder auf 20 zurück", was angesichts der Bedrohungslage kaum ausreiche. ### Kulturwandel und Sinnwiederfinden in der Truppe Durch den Ukraine-Krieg hätten Soldat:innen wieder erkannt, wofür sie trainieren. Süssli zitiert Truppenmitglieder: "Jetzt wissen wir, dass wir da lernen, betrieben von jetzt müssen wir für was, dass wir das lernen, das gibt Purpose, das gibt Sinn." ### Schweiz fehle kollektives Krisenerlebnis Im Gegensatz zu osteuropäischen Ländern habe die Schweiz keine lebendige Erinnerung an Krieg. Viele Menschen hielten Konflikte für weit weg und glaubten, Neutralität allein schütze. Süssli betont: "Die Neutralität muss bewaffnet sein." ### Russland strebe Spaltung Europas an Auf der Warschauer Sicherheitskonferenz herrsche Konsens: Russland wolle zur Großmacht aufsteigen und müsse deshalb Europa spalten. Die Devise laute nicht mehr, ob Russland eine Bedrohung sei, sondern "was machen wir da dagegen". ## Einordnung Die Episode transportiert eine klare Botschaft: Die Schweiz stehe vor einer existenziellen Sicherheitslücke, die nur durch schnelle Aufrüstung und mehr Militärbudget zu schließen sei. Dabei blendet das Gespräch konsequent andere Sicherheitskonzepte wie zivile Krisenvorsorge, Diplomatie oder gemeinsame europäische Lösungen aus. Die Argumentation basiert auf der Annahme, dass ein Krieg mit Russland in den nächsten fünf Jahren wahrscheinlich sei; konträre Expertenmeinungen oder Friedensforschung werden nicht erwähnt. Die Rolle der Schweizer Armee wird auf Landesverteidigung reduziert, während ihre Auslandseinsätze der letzten Jahrzehnte und die damit verbundene Professionalisierung kaum eine Rolle spielen. Der Diskurs reproduziert damit eine militarisierte Sicherheitslogik, die alternative Sichtweisen wie Abrüstung, Entspannungspolitik oder gemeinsame Sicherheitsarchitekturen als unrealistisch erscheinen lässt. Für Hörer:innen, die sich für die Positionen des schweizerischen Militärestablishments interessieren, liefert die Folge authentische Einblicke; wer eine differenzierte sicherheitspolitische Debatte sucht, wird sie hier nicht finden.