Der Tag: Machtdemonstration in Peking - Wie gestärkt geht Putin aus seiner Chinareise hervor?
Die Podcast-Folge zeigt Putins wachsende Abhängigkeit von China und analysiert, warum Berlin das Lieferkettengesetz abschwächen will.
Der Tag
40 min read1909 min audioDie 17-minütige Podcast-Folge „Der Tag“ vom 3. September 2025 fokussiert zwei Topoi: die chinesisch-russische Schau nach Putins Peking-Besuch sowie die geplante Abschwächung des deutschen Lieferkettengesetzes. Hauptsprecher:innen sind die Moderatorin Sandra Schulz, der Russland-Korrespondent Frank Eismann und die Nachhaltigkeitsökonomin Lisa Fröhlich.
### 1. Xi inszeniere China als dominierende Macht
Es gebe ein „symbolisches Machtbild“, bei dem Xi Jinping im Zentrum stehe, Putin und Kim Jong Un seien nur „Bühnenfigur“. Dies unterstreiche die „tiefe russische Abhängigkeit von China“.
### 2. Russland nutze die geopolitische „Zwischenzeit“
Putin warte offenbar darauf, dass sich US-chinesische Konflikte vertiefen, und segle „im Windschatten“ der Spannungen. Verhandlungsbereitschaft sei Fassade; Maximalforderungen wie „Anerkennung der ‚neuen territorialen Realitäten‘“ blieben unverändert.
### 3. Die Bundesregierung wolle das Lieferkettengesetz „entschärfen“
Das Kabinett habe beschlossen, Berichts- und Haftungspflichten zu kappen. Arbeitgeber:innen feiern dies als „Entlastung“, Kritiker:innen sprechen von „Verrat an Menschenrechten“.
### 4. Reportingpflichten würden falsch priorisiert
Unternehmen fühlten sich „überfordert“ von Dokumentationsaufwänden. Die Expertin fordert einen Perspektivwechsel: „Vergesst die Strafen – identifiziert echte Risiken und nutzt Nachhaltigkeit als strategischen Wettbewerbsvorteil.“
### 5. Klimakrise und Lieferketten seien untrennbar
Extreme Hitze in China töte jährlich fast eine Million Menschen. Ohne resilientere Lieferketten drohe auch deutschen Unternehmen „Existenzverlust durch physische Klimarisiken“.
### 6. Positive Narrative fehlten
Statt „Gejammer über Strafen“ brauche es „neue Geschichten“, die zeigen, dass nachhaltige Beschaffung Kosten spare und Innovationskraft freisetze – ein Appell an Politik und Wirtschaft gleichermaßen.
## Einordnung
Die Sendung agiert journalistisch ambitioniert, bleibt aber inhaltlich in der klassischen Außenpolitik- und Wirtschaftspolitik-Spur. Fällt auf: Die Expertise ist einseitig auf westliche Akteur:innen fokussiert; chinesische oder ukrainische Stimmen fehlen völlig. Die Diskussion um das Lieferkettengesetz verharrt im deutsch-europäischen Mikrokosmos; globale Arbeitnehmer:innenperspektiven bleiben abwesend. Argumentativ überzeugt der Podcast durch klare Struktur und pointierte Zitate, etwa wenn Fröhlich „Compliance als Verantwortungsabgabe“ kritisiert. Stilistisch mischt die Redaktion sachliche Analyse mit ironischem Unterton („Orwells 1984 war keine Handlungsanleitung“), was die Aufmerksamkeit hält, aber gelegentlich die Grenze zur Polemik streift. Die geopolitische Einordnung Putins bleibt trotz scharfer Wortwahl deskriptiv; Verschwörungstheorien oder rechte Narrative werden nicht verbreitet, wohl aber die russische Staatspropaganda zitiert – ohne ausreichende Kontextualisierung. Insgesamt eine informativ-kritische Sendung, die jedoch mehr Perspektivenvielfalt vertragen könnte.
Hörwarnung: Wer differenzierte chinesische oder ukrainische Sichtweisen erwartet, wird enttäuscht; wer eine kompakte geopolitische Lagebeschreibung und fundierte Kritik an der deutschen Lieferkettendebatte sucht, ist hier richtig.