Expresso da Manhã: Secretas vigiam influencers que gostam de mandar as mulheres “para a cozinha” e os imigrantes “para a terra deles”
Geheimdienst-Interview über die Eskalation digitaler Hassrede in Portugal und ihre missbräuchliche Rechtfertigung mit dem Freiheitsrecht.
Expresso da Manhã
12 min read813 min audioDer portugiesische Nachrichtenpodcast \»Expresso\« behandelt in dieser Folge mit den Journalist:innen Helena Bento und Hugo Franco den Anstieg von Hassrede gegen Frauen, Migrant:innen und LGBT-Personen im Netz. Die zuständigen Nachrichtendienste SIS und SIED sehen darin längst ein nationales Sicherheitsrisiko: Viele Kommentare aufrufen zu Gewalt auf, das Grundrecht Meinungsfreiheit werde missbraucht. Als zentrale Gründe nennen die Autor:innen eine gefühlte Straflosigkeit, die Schwierigkeit, Täter:innen digital zu identifizieren, und die strafrechtliche Abschirmung hinter dem Freiheitsrechts-Argument. Besonders brisant: Auch einflussreiche Politiker:innen und öffentliche Figuren schüren demnach Hass, wodurch sich vermeintlich normale Nutzer:innen ermutigt fühlen.
### Hassrede werde zunehmend zur nationalen Sicherheitsbedrohung
Die portugiesischen Nachrichtendienste SIS und SIED betrachten Hassrede nicht länger als Randproblem, sondern als Gefahr für die innere Sicherheit. Helena Bento zitiert ihre Gespräche mit den Behörden: \»Der Eindruck ist, dass die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten wurden und das für sie ein Sicherheitsthema ist.\« Die Betonung auf \»Sicherheit\« zeigt, dass die Akteur:innen Hassbotschaften mittlerweile auf eine Stufe mit Terrorgefahren stellen.
### Freiheitsrechts-Argument diene als Schutzschild für Straftaten
Ein wiederkehrender Vorwurf der Experten: Menschen, die zur Gewalt aufrufen, beriefen sich im Nachgang auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. Hugo Franco nennt das eine \»missbräuchliche Auslegung des Rechts auf Meinungsfreiheit\«. In Gerichtsverfahren werde genau dieses Argument vorgebracht: \»Ich habe das gesagt, aber ich bin frei, das zu sagen, weil ich frei bin, zu sagen, was ich denke.\« Dabei übersähen die Verfasser:innen, dass Freiheitsrechte nach portugiesischem Verständnis dort enden, wo Rechte anderer Menschen verletzt werden.
### Anonymität erschwere Strafverfolgung massiv
Obwohl die Fallzahlen offiziell bei etwa zehn Urtegen pro Jahr lägen, gehen Bento und Franco von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Der Grund: Nur ein Bruchteil digitaler Hassdelikte werde angezeigt, erst recht aufgeklärt. Hugo Franco erklärt, \»es ist sehr schwierig, diese Täter gerichtlich zu verfolgen\«, weil Identitäten hinter Profilen nur mühsam zu klären seien. Zudem seien Beweise für Gerichte oftmals unzureichend aufbereitet.
### Frauenfeindlichkeit richtet sich gegen Emanzipationsfortschritte
Hass gegen Frauen werde, so Helena Bento, zu einem bedeutenden Teil deswegen zugespitzt, weil Frauen \»ein Maß an Emanzipation erreicht haben, das sie früher nicht hatten\«. Die Angriffe zielten darauf ab, diese Errungenschaften zu diskreditieren. Der Mechanismus: Wer sich öffentlich sichtbar für Gleichberechtigung einsetze, werde massiv beschimpft und bedroht, um diese Sichtbarkeit wieder zu unterminieren.
### Öffentliche Figuren schüren Hass mit Multiplikator-Wirkung
Ein besonderes Problem identifizieren die Journalist:innen bei Politiker:innen oder prominenten Medienschaffenden. Hugo Franco warnt, \»diese Diskurse können eine ansteckende und sich verbreitende Wirkung haben\«. Weil sich Prominente hinter demselben Meinungsfreiheits-Argument verschanken würden, sei die Justiz zögerlich, gegen sie vorzugehen. Dieses Zögern wiederum signalisiere Normalität für Hassbotschaften in der Breite.
## Einordnung
Die Episode zeigt journalistische Professionalität: klare Trennung zwischen Fakten und Bewertung, Einordnung durch Experten und konkrete Fallzahlen. Besonders gelungen ist die Schwerpunktsetzung auf strukturelle Ursachen – die Nutzung der Meinungsfreiheit als Freifahrtschein – sowie die Gefahr, wenn autoritative Akteure selbst Hass schüren. Die Diskussion bleibt dabei auf Sicherheits- und Rechtsperspektiven verengt; wirtschaftliche oder psychologische Motive der Täter:innen bleiben unerwähnt. Die fehlende Gegenrede etwa von Digital- oder Rechtsexpert:innen schmälert zwar die Tiefe, verstärkt aber das Alarmzeichen-Charakteristik der Sendung. Insgesamt bietet die Folge eine fundierte Entscheidungshilfe, warum digitale Hassrede kein Randproblem bleibt – und macht zugleich den gesellschaftlichen Druck deutlich, endlich stärker durch Gerichte und Plattformen zu regulieren.
Hörempfehlung: Wer verstehen will, warum portugiesische Sicherheitsbehörden Hass im Netz zur Gefahr für die Demokratie erklären – und wie sehr sich Täter:innen auf das Freiheitsrechts-Motto berufen –, erhält hier eine kompakte, investigative Einführung.