In seinem Newsletter analysiert Jonas Schaible die aktuelle geopolitische Lage und warnt davor, russische Militäraktionen wie Drohnenüberflüge als bloße "Provokationen" zu verharmlosen. Er argumentiert, dass diese Aktionen treffender als Kriegsvorbereitungen zu verstehen seien, da sie Russland ermöglichten, Angriffsrouten und -ziele auszukundschaften. Schaible skizziert ein Szenario, in dem Russland die baltischen Staaten angreifen könnte, um einen schnellen imperialen Sieg zu erringen, während es auf eine zögerliche Reaktion der USA und eine durch gezielte Schläge abgelenkte EU spekuliere. Er betont: "Wenn es aussieht, wie Kriegsvorbereitungen, sind es womöglich Kriegsvorbereitungen und keine Provokationen." Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der globalen Vernetzung und gegenseitigen Nachahmung der autoritären Rechten. Schaible beschreibt die Politik der Trump-Regierung in den USA als Inszenierung eines "erfundenen Bürgerkriegs", deren gewaltsame Taktiken von Politiker:innen wie Kemi Badenoch in Großbritannien kopiert würden. Die finanzielle Unterstützung der USA für den argentinischen Präsidenten Javier Milei sei ein weiteres Beispiel für die enge Kooperation dieses Lagers. Schaible deutet diese enge Verbindung als Versuch, eine "Machtprojektionsblase" zu erzeugen und den Eindruck historischer Unausweichlichkeit zu vermitteln. Abschließend reflektiert der Autor über die mentale Belastung durch die ständige Konfrontation mit globalen Krisen. Er beschreibt, wie das Zuhören einer Radiosendung über die Protestbewegung in Serbien ihm die Bedeutung kleinerer, oft übersehener Geschichten vor Augen führte. Als Gegenentwurf zur machtpolitischen Realität stellt er die poetische und menschenfreundliche "Verfassung" des Künstlerviertels Užupis in Vilnius vor, die einen leisen, aber widerständigen Humanismus zelebriert und einen hoffnungsvollen Kontrapunkt setzt. Länge des Newsletters: 13484 ## Einordnung Jonas Schaible rahmt die aktuellen Ereignisse als einen fundamentalen Konflikt zwischen autoritärer Aggression und liberal-demokratischen Werten. Seine Analyse ist stark von einer persönlichen, essayistischen Perspektive geprägt, die komplexe Zusammenhänge zugespitzt und verständlich darstellt. Die unausgesprochene Annahme ist, dass die Lesenden seine pro-europäische und anti-autoritäre Grundhaltung teilen. Der Text argumentiert aus einer klar westlichen Sicht und lässt alternative Deutungen für Russlands Handeln oder die tieferen Ursachen für den Aufstieg der Rechten weitgehend unberücksichtigt. Die Stärke des Newsletters liegt in der Verknüpfung von politischer Analyse mit subjektiver Reflexion, was eine hohe emotionale Resonanz erzeugt, jedoch auf Kosten einer multiperspektivischen Darstellung geht. Der Newsletter ist für Leser:innen empfehlenswert, die eine pointierte und zum Nachdenken anregende Einordnung des Weltgeschehens suchen, die über eine reine Nachrichtenwiedergabe hinausgeht. Wer eine tiefgehende, quellenbasierte geopolitische Analyse erwartet, wird hier weniger fündig. Schaibles Stärke ist es, durch prägnante Thesen und persönliche Beobachtungen etablierte Narrative kritisch zu hinterfragen und die Dringlichkeit der aktuellen Bedrohungen für die Demokratie zu verdeutlichen.