Weltspiegel Podcast: Gaza-Stadt: Israels Offensive trotz heftiger Kritik
Journalistisch stringente Analyse der Offensive auf Gaza City mit Fokus auf humanitäre Folgen, politische Zwänge und gescheiterte Verhandlungen.
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38 min read1765 min audioPhilipp Abresch spricht mit Korrespondent:innen Julio Segador (Tel Aviv) und Moritz Behrendt (Kairo) über die israelische Bodenoffensive auf Gaza City. Sie erörtern die humanitäre Lage, die militärische Strategie, das Schicksal der Geiseln, die gescheiterten Verhandlungen und die sich verschlechternden Beziehungen Israels zur arabischen Welt. Die ARD-Journalist:innen zeigen sich besorgt über die hohe Zahl ziviler Opfer und die fehlende Perspektive für den "Tag danach".
### 1. Fast eine Million Zivilist:innen sitzen in der Falle
Segador betont, dass "fast eine Million Menschen" in Gaza City ausharrten, viele aus Angst vor dauerhafter Vertreibung: "Sie glauben, wenn sie jetzt Gaza Stadt verlassen, dann könnte das für immer sein."
### 2. Israel setzt auf ferngesteuerte Sprengpanzer
Um eigene Verluste zu minimieren, nutze das Militär "Sprengpanzer" – unbemannte, mit Sprengstoff vollgeladene Fahrzeuge, die aus der Ferne gezündet würden. Diese Methode zeige, wie "vorsichtig und langsam" die Armee vorgehe.
### 3. Netanyahu stehe unter Druck seiner rechtsradikalen Koalition
Der israelische Premier bleibe im Amt, solange er "die Mehrheit hat in der Knesset", erklärt Segador. Rechtsradikale Parteien drohten, die Regierung zu verlassen, sollte er den Kriegskurs ändern.
### 4. Angriff auf Vermittlungsteam lässt Verhandlungen platzen
Israels Raketenangriff auf ein Hamas-Team in Doha habe die laufenden Verhandlungen "komplett untergraben", heißt es aus arabischer Sicht. Katar habe seine Vermittlung vorerst ausgesetzt.
### 5. Kein arabisches Land will Palästinenser:innen aufnehmen
Ägypten, Jordanien, Katar und die VAE bieten zwar medizinische Hilfe, doch eine größere Aufnahme von Zivilist:innen lehnen alle Staaten ab. Man wolle nicht bei einer möglichen "Vertreibung" helfen.
### 6. "Wir haben alles verloren" – Zivilist:innen berichten
Eine Flüchtling zitiert ARD mit den Worten: "Wir haben unser Leben und unser Hab und Gut verloren ... Was soll noch passieren? Überall Zerstörung und Tod."
## Einordnung
Der Podcast liefert eine klar strukturierte, journalistisch professionelle Analyse der Lage. Abresch stellt gezielt Nachfragen, lässt beide Seiten zu Wort kommen und verzichtet auf simple Schuldzuweisungen. Besonders hervorzuheben ist, dass die ARD-Korrespondent:innen eigene Mitarbeitende im Gazastreifen haben und nicht ausschließlich auf israelische Militärsichten angewiesen sind – ein wichtiger Faktor für unabhängige Berichterstattung. Die Sendung zeigt die humanitäre Katastrophe deutlich auf, ohne dabei die komplexen politischen Zwänge zu verharmlosen. Kritisch bleibt, dass die langfristigen Perspektiven für Gaza nur am Rande diskutiert werden und die Stimmen der Betroffenen selbst sehr kurz kommen. Insgesamt bietet die Folge eine informative, wenn auch düstere Bestandsaufnahme einer sich weiter zuspitzenden Situation.