Der Professor und der Wolf: Politische Kommunikation
Die beiden ORF-Experten blicken zurück auf 44 Jahre Sommergespräche und erklären, warum Politiker:innen heute so kalkuliert kommunizieren.
Der Professor und der Wolf
45 min read2295 min audioDie FM4-Podcast-Folge "Der Professor und der Wolf" wirft einen unterhaltsamen Blick auf die 44-jährige Geschichte der ORF-Sommergespräche. Peter Filzmaier und Armin Wolf erinnern sich an die legendären Anfänge, als Politiker noch in Badehose im Pool standen, und erklären, warum das heute undenkbar ist. Sie analysieren die 3T-Strategie (Touch, Turn, Tell), mit der Spitzenpolitiker:innen gezielt Fragen ausweichen, und diskutieren, warum gerade polarisierende Gäste wie Herbert Kickl die höchsten Quoten liefern. Am Ende steht das vom Verfassungsgerichtshof bestätigte Recht, auch pointierte Kritik wie "Er ist Blem Blem" auszusprechen.
### 1. Politiker:innen meiden private Bilder aus Angst vor Shitstorms
Filzmaier erklärt, dass heute keine Spitzenpolitikerin mehr ihr Zuhause zeige: "Es gibt ja auch gemeingefährliche Spinner mit Gewaltpotenzial und denen sollte man nicht zeigen, wo man wohnt, aber auch aus Sicht der politischen Kommunikation ist das heikel."
### 2. Die 3T-Strategie kontrolliert jede Antwort
Moderne Medientrainings lehrten die Taktik "Touch, Turn and Tell": kurz auf die Frage eingehen, dann abwenden und die eigene Geschichte erzählen – unabhängig vom Thema.
### 3. Höchste Quoten erzielen FPÖ-Politiker:innen
Kickl, Strache und Haider landen laut Filzmaier wegen Polarisierung ganz oben: "Die Summe dieser beiden so unterschiedlichen Gruppen ergibt halt die höchstmögliche Quote."
### 4. Sebastian Kurz beherrschte das Geschichtenerzählen
Wolf berichtet, Kurz habe jede Frage mit "Dazu muss man drei Punkte sagen" eingeleitet und dann so fesselnd erzählt, dass Unterbrechungen unmöglich wurden.
### 5. Der "nackte Kaiser" darf benannt werden
Nach dem legendären Urteil des Verfassungsgerichtshofs sei es erlaubt, wenn ein Politiker durch sein Verhalten Anlass gebe, darauf hinzuweisen, dass "der Kaiser nackt ist".
## Einordnung
Die Sendung inszeniert sich als launiges Experten-Gespräch, liefert aber durchaus handfeste Einblicke in politische Kommunikationsstrategien. Die beiden ORF-Profis schaffen es, ohne erhobenen Zeigefinger zu erklären, warum Politiker:innen heute so kalkuliert antworten. Dabei bleibt die Perspektive klar auf die österreichische Innenpolitik fixiert; internationale Beispiele oder alternative Mediensysteme tauchen nicht auf. Besonders interessant ist die offene Auseinandersetzung mit dem Verfassungsgerichtshof-Urteil, das die Meinungsfreiheit auch gegenüber mächtigen Medienakteuren stärkt. Die Folge ist weniger tiefgreifende Medienkritik als unterhaltsame Rückschau – mit durchaus lehrreichen Momenten für aufmerksame Hörer:innen.
Hörempfehlung: Wer wissen will, warum Spitzenpolitiker:innen nie direkt antworten und wie die ORF-Sommergespräche funktionieren, bekommt hier eine amüsante und informative Antwort.