Michael Nikbakhsh und Stefan Kaltenbrunner befragen den früheren Lobbyisten Peter Hochegger im zweiten Teil der "Schattenrepublik"-Serie. Es geht um die 1983 gegründete Scheinpartei "Österreich-Partei", die nur ein Ziel hatte: die Grünen am Einzug in den Nationalrat zu hindern. Hochegger schildert, wie der rechte Antisemit Karl Steinhauser Auftraggeber:innen aus Wirtschaft und Politik vertrat, wie Unterstützungserklärungen von Taxifahrer:innen und Hell’s-Angels-Rocker:innen organisiert wurden und warum 0,12 % als voller Erfolg galten. ### 1. Die Österreich-Partei war eine bezahlte Fake-Partei gegen die Grünen Hochegger bestätigt, dass Karl Steinhauser im Auftrag von Industriellen und dem Gewerkschaftsbund die Gründung einer „Österreich-Partei“ initiierte. „Das war ein Ansinnen vom Karl Steinhauser … er hat den Präsidenten des Gewerkschaftsbundes und dem Generalsekretär der Industriellen Vereinigung die Idee schmackhaft gemacht, wir gründen eine Partei.“ Ziel: die zerstrittenen Grünen mit 0,12 % vom Einzug abhalten. ### 2. Spitzenkandidat:innen wussten nichts vom Schein-Charakter Franz Olah, Ex-Innenminister und FPÖ-Größe, sowie zwei weitere Bewerber:innen glaubten an ein patriotisches Programm. „In dem Detail waren sie überhaupt nicht eingeweiht … es ging um den Patriotismus, Österreich darf nicht nach links rücken.“ Die Partei löste sich nach der Wahl stillschweigend auf. ### 3. Finanzierung und Inserate kamen aus dubiosen Quellen Steinhauser übernahm alle Kosten: „Inserate in der Kronenzeitung … das waren 15.000 € umgerechnet für 400 Unterstützungserklärungen in der Steiermark.“ Hochegger bestätigt, dass es sich nicht um Steinhausers eigenes Geld handelte: „es war erkennbar, dass es nicht sein eigenes Geld ist … Unternehmer haben seine Plattform ‚Gemeinschaft freier Selbständiger‘ finanziert.“ ### 4. Steyr Daimler Puch ließ Umweltproteste gegen Hainburg aufblühen – um von Waffengeschäften abzulenken Der Rüstungskonzern beauftragte die Hochegger-Brüder, „postmaterialistische Kräfte“ vom Friedensprotest zum Umweltprotest zu lenken. In einer Sauna in Wien-Landstraße entstand der Plan: „Wie kann ich junge Menschen beschäftigen … sie von der Friedensbewegung irgendwo anders hinkrieg?“ Die Folge: Volksbegehren, Medienhype und schließlich die Gründung der heutigen Grünen – finanziert mit Waffenlobby-Geld. ### 5. Spione, Flyer, bezahlte Demos – alles Teil der Strategie Hochegger lässt keine Zweifel: „Wir haben zwei Mädels gefunden … die sich als Mitarbeiterinnen in der Friedensbewegung anboten“ und interne Strukturen ausspähten. Steyr bezahlte Großinserate, organisierte 180 Demonstrant:innen vor dem Bundeskanzleramt und ein alternatives „Dschungelfest“, um die Hauptversammlung des Konzerns zu entlasten. ## Einordnung Die Folge wirft ein schonungsloses Licht auf die österreichische Politik der 1980er: Wie tief Wirtschaft, rechte Netzwerke und einflussreiche Medien sich verbanden, um demokratische Willensbildung zu sabotieren. Besonders brisant: Die Waffenlobby finanzierte jene Umweltbewegung, aus der später die Grünen hervorgingen – ohne dass Aktivist:innen von der Geldquelle wussten. Die Recherche ist stellenweise detailverliebt, bleibt aber investigative Pflichtarbeit: Es werden keine unbelegten Behauptungen aufgebauscht, alle Aussagen Hocheggers werden mit Zitaten und Querverweisen untersetzt. Kritisch bleibt, dass die Gespräche größtenteils in der Ich-Erzählung des Lobbyisten verharren; externe Expert:innen oder Betroffene kommen kaum zu Wort. Dennoch gelingt den Journalist:innen ein spannendes Stück Zeitgeschichte, das zeigt, wie leicht politische Narrative durch Geld und gezielte Desinformation entstehen – und wie lange ihre Wirkung nachhallt. Hörempfehlung: Wer sich für Lobbyismus, Wahlbeeinflussung und die Geburtsstunde der österreichischen Umweltbewegung interessiert, erhält hier ersteilig recherchierte Einblicke in die Schattenkammern der Macht.