Im schwedischen Radio-News-Podcast „Studio Ett“ geht es in der Folge vom 16. Dezember 2024 um die wachsende finanzielle Kluft zwischen schwedischen Kommunen. Die reichsten Kommunen hätten umgerechnet 850 Euro mehr pro Einwohner:in jährlich zur Verfügung als die ärmsten. Die Sprecher:innen zeigen auf, dass das bestehende Ausgleichssystem zwar 95 % der Unterschiede ausgleiche, die verbleibenden 5 % aber in den letzten zehn Jahren stark gestiegen seien. Gründe seien die alternde Bevölkerung und ungleiche Erwerbsquoten. Vertreter:innen der Kommunen und des Staatsrechnungshofs fordern eine schnelle politische Lösung, die Regierung kündigt jedoch nur eine weitere Untersuchung an, ohne Zeitplan. Der Beitrag wirft auf, dass ohne Gegensteuern die schwedische Wohlfahrtspolitik insgesamt gefährdet sein könnte. Hauptsprecher sind: - Jenny Andersson, Wirtschaftsratsmitglied der Gemeinde Övertorneå (arme Kommune) - Axel Josefsson, Finanzratsmitglied Göteborg (reiche Kommune) - Bettina Kashefi, Chefökonomin der Organisation Sveriges Kommuner und Regioner (SKR) - Peter Hedberg, Sachbearbeiter beim schwedischen Statskontoret ### 1. Die Kluft zwischen reichen und armen Gemeinden belaufe sich auf umgerechnet 850 Euro pro Kopf und Jahr Bettina Kashefi erklärt, eine typische Gemeinde mit 10.000 Einwohner:innen fehlten dadurch jährlich etwa 8,5 Mio. Euro: „10 000 kronor per invånare och år, det är en ganska stor summa.“ ### 2. Die Unterschiede hätten sich in nur zehn Jahren fast verdoppelt Die Sprecher:innen betonen, das Ausgleichssystem funktioniere grundsätzlich, aber die Restdifferenz sei rasant gewachsen. Kashefi: „skillnaderna … har verkligen ökat markant … på bara 10 år.“ ### 3. Die demografische Entwicklung verstärke die Spaltung Alternde Bewohner:innen bräuchten mehr teure Pflege, während reiche Städte jüngere, steuerzahlende Bevölkerungsgruppen hätten. Dadurch erhalte Göteborg laut Axel Josefsson 2024 einen Überschuss von 1,5 Mrd. Euro, während arme Gemeinden wie Övertorneå bereits Personal entlassen müssten. ### 4. Die Regierung zögere mit konkreten Gegenmaßnahmen SKR fordert, einer bereits laufenden parlamentarischen Untersuchung zusätzliches Budget und ein beschleunigtes Mandat zu geben. Die Regierung antwortete bislang nur mit dem Versprechen, „en utredning“ einzurichten, ohne Zeitplan oder konkrete Inhalte. ### 5. Die Gefahr für die Gesamtwohlfahrt werde unterschätzt Kashefi warnt, das kumulative kommunalbudget stehe 2025 schon 26–31 Mrd. Euro im Minus. Ohne Ausgleich könnten arme Kommunen „inte att kunna leverera välfärd till sina medborgare.“ ## Einordnung Die Sendung präsentiert ein klassisches, professionell recherchiertes Radio-Magazin-Format: klare Trennung von Moderation und Experteninterviews, faktenbasierte Zahlen und direkte Ortsberichte. Die Argumentationsstruktur bleibt aber eng am Status quo orientiert: Kritisiert wird primär die Geschwindigkeit politischer Reaktionen, nicht das markt- und steuerbasierte System selbst, das die Kluft erst entstehen lässt. Linke oder kommunistische Alternativen zum Ausgleich – etwa progressivere Landessteuern oder ein bedarfsorientierter Finanzausgleich – werden nicht erwähnt; stattdessen gilt die 30-jährige Neoliberal-Logik als „fungerar ganska bra“. Die Diskussion bleibt damit in einer sozialdemokratisch-konservativen Rahmung, die bestehende Machtverhältnisse zwischen Urbanisierung und peripherer Ökonomie weitgehend reproduziert. Interessant ist, wie schnell die wachsende Kluft naturalisiert wird – als quasi unvermeidliche Folge von Alter und Arbeitsquote –, während strukturelle Fragen wie Unternehmenssteuern oder die Rolle großer Städte als Magneten für öffentliche Investitionen ausgeblendet bleiben. Für Hörer:innen lohnt sich der Beitrag als kompakter Überblick über die schwedische Kommunalfinanzen-Debatte, wer aber grundsätzliche Alternativen sucht, wird kaum neue Perspektiven gewinnen.