Echo der Zeit: International: Die surrealen 3D-Grafiken der Israelischen Armee
SRF zeigt auf, dass israelische Militärvideos zur Rechtfertigung von Angriffen auf Spitäler und Dörfer teils frei erfunden sind und trotzdem von internationalen Medien unkritisch übernommen werden.
Echo der Zeit
29 min read1765 min audioDer SRF-Podcast "Echo der Zeit" untersucht in der Folge "Irreführende 3D-Animationen: So täuscht Israels Armee mit Grafikvideos" die israelischen Militärvideos, die Angriffe auf Gaza, Libanon und Iran mit 3D-Animationen rechtfertigen. Die Recherche zeigt, dass diese Videos z.T. fiktive Orte, wiederverwendete Grafiken und Science-Fiction-Assets enthalten, was Experten als Täuschung und Verunsicherung kritisieren. Die israelische Armee bezeichnet die Videos als "Illustrationen", doch internationale Medien übernehmen sie oft unkritisch. Die Sprecher:innen sind Susanne Brunner (Narration), Jack Sapoch (OSINT-Analyst), Elizabeth Bryner (Forensic Architecture), Moran Yarchi (Professorin), Yonit Moses (Local Call) sowie anonymisierte 3D-Künstler:innen.
### T1: Die meisten 3D-Modelle zeigen nicht reale Orte
Jack Sapoch konstatiert, dass das dargestellte libanesische Dorf mit Raketen in jedem Haus auf Google Earth nicht existiert: "There's no exact match for the village that they were saying." Die Gebäude- und Straßenstruktur sei frei erfunden.
### T2: Grafische Elemente stammen aus Science-Fiction-Plattformen
Die Armee nutzt dieselben Möbel, Rohre und Kisten aus Plattformen wie Sketchfab oder KitBash 3D, auf denen auch Netflix und HBO bedienen. Ein Stromkasten trägt die Aufschrift "723 Sydney Parkway", ein Asset des 3D-Künstlers Ian Hubert.
### T3: Internationale Medien verbreiten Videos unkritisch
Trotz offensichtlicher Ungenauigkeiten zeigen laut Recherche SRF-Tagesschau, BBC, CNN & Co. die Animationen. Die IDF erzielt damit, "dass die iranischen Atomanlagen … tatsächlich existieren", wie ein TikTok-Video von Soldaten preisgibt.
### T4: Experten warnen vor Verunsicherung der Öffentlichkeit
Elizabeth Bryner (Forensic Architecture) kritisiert die Nachahmung glaubwürdiger OSINT-Ästhetik: "Israel flutet die News-Kanäle mit Bildern, die unsere Bildsprache nachahmen … ein untrainiertes Auge kann nicht mehr unterscheiden, welche Bilder legitim sind."
### T5: Videos dienen laut Kritiker:innen Selbst-Rechtfertigung
Die Journalistin Yonit Moses sieht in den Clips eine "Parallewelt", die Israelis helfe, den Krieg fortzusetzen: "Just so that we can justify our actions and are able to continue living like this for another day."
## Einordnung
Die Reportage arbeitet professionell und stringent: Sie kombiniert OSINT-Analysen, Experteninterviews und vor-Ort-Recherchen, lässt Vertreter:innen der israelischen Armee jedoch nicht zu Wort kommen. Besonders gelungen ist die visuelle Aufbereitung – Geräusche, Zitate und Musikunterlegung lassen die Hörer:innen die Fiktion der Videos spüren. Kritisch bleibt, dass die Sendung die politische Dimension – nämlich die Rechtfertigung ziviler Bombardements – fast ausschließlich über die Medienästhetik behandelt; rechtliche oder humanitäre Folgen werden nur angerissen. Die Perspektive palästinensischer oder libanesischer Betroffener fehlt gänzlich, ebenso eine Einordnung, warum etablierte Redaktionen fragwürdiges Material übernehmen. Dennoch liefert "Echo der Zeit" einen wichtigen Beitrag zur Debatte über visuelle Desinformation in Kriegen und mahnt Journalist:innen zur Vorsicht bei unverifizierten Armee-Grafiken.