Der turi2-Podcast widmet sich in dieser Folge der Frage, wie KI den Lokaljournalismus verändern könnte. Im Gespräch erklärt Markus Knall, Chefredakteur von Ippen Media, dass KI keine „Killer-Features“ biete, sondern vielmehr die Verknüpfung bestehender Tools zu einem einzigartigen Angebot entscheidend sei. Als Beispiel nennt er das Projekt zur Bundestagswahl 2025, bei dem mit KI-Unterstützung über 1.000 lokale Wahlberichte erstellt wurden – eine Leistung, die menschliche Redakteure in dieser Geschwindigkeit und Tiefe nicht erbringen könnten. Knall betont, dass KI repetitive Aufgaben übernehme und neue, individualisierte Produkte ermögliche, etwa Newsletter für historische Regionen. Menschliche Journalist:innen bleiben jedoch unverzichtbar, da sie originäre Inhalte liefern, Quellen pflegen und Vertrauen aufbauen müssen. Die größte Herausforderung sei nicht mehr die Inhaltserstellung, sondern deren Distribution in einem Netzwerk mit begrenzten Ressourcen. ### KI erzeuge neue journalistische Produkte statt nur Effizienz zu steigern Knall macht deutlich, dass KI nicht nur bestehende Prozesse beschleunige, sondern völlig neue Formate ermögliche: „Dann gibt’s vielleicht irgendwann mal so ein iPhone-Moment, wo man sagt: Boah, das konnten wir uns gar nicht vorstellen.“ ### Lokale Wahlberichte als Erfolgsfall für KI-gestützten Lokaljournalismus Bei der Bundestagswahl 2025 habe Ippen mit KI 1.100 Gemeinde-Texte generiert, die eine halbe Million Page-Views erzielten – ohne nennenswerte Fehler und ohne negative Leserreaktionen. ### Die Rolle der Journalist:innen verschiebe sich vom Produzenten zum Kurator „Was nicht mehr so wichtig sein wird, ist, was für ein Produkt macht der Redakteur danach.“ Stattdessen komme es auf das Finden von Themen und die Pflege von Quellen an. ### Distribution werde zum neuen Engpass Während früher die Erstellung von Inhalten das knappe Gut war, sei heute die Verteilung der Flaschenhals: „Wir hätten ohne Probleme 10.000 Texte erzeugen können, aber wir wussten nicht, wie wir sie verteilen sollen.“ ### Transparenz bei KI-Inhalten sei wichtig, aber differenziert Ippen kennzeichne KI-generierte Inhalte klar, werde aber künftig nicht jeden Teilschritt offenlegen: „Wir sagen ja auch nicht, habe ich mir im Computer geschrieben.“ ### Einfache Kurationsjobs würden verschwinden Knall prognostiziert, dass Aufgaben wie das bloße Umformulieren von Pressemitteilungen oder das Schreiben von SEO-Überschriften „in einem halben Jahr nicht mehr bei Redakteuren“ zu finden sein würden. ## Einordnung Markus Knall präsentiert sich als pragmatischer Technologie-Optimist, der die Chancen von KI für den Lokaljournalismus nutzen will, ohne die Risiken zu ignorieren. Die Argumentation bleibt weitgehend schlüssig, auch wenn die Behauptung, es gebe „keine große journalistische Entwicklung, die Technologie verändert hat“, eine ziemlich kühne These ist. Die Diskussion bleibt auf der Ebene der Machbarkeit und des Geschäftsmodells – gesellschaftliche Fragen wie die Gefahr von Filterblasen oder die Machtkonzentration bei großen Netzwerken werden zwar angerissen, aber nicht vertieft. Interessant ist die Offenheit, mit der über Fehler und Lernprozesse gesprochen wird – etwa dass Ippen selbstgebaute Tools wieder abgeschaltet habe. Die Perspektive bleibt klar auf das Management von Medienhäusern fokussiert, während die Sicht der Leser:innen oder der lokalen Akteure kaum Raum bekommt.