Im Podcast "Jugendhilfe neu machen" spricht Rainer Orban, Diplom-Psychologe und systemischer Therapeut, über die Notwendigkeit eines radikalen Wandels in der Jugendhilfe. Er kritisiert das bestehende System als veraltet und fordert eine Neuausrichtung, die stärker auf Partizipation, Selbstorganisation und eine demütige Haltung gegenüber Klient:innen setzt. Orban plädiert für eine strukturelle Kopplung von Ausbildung und Praxis, eine stärkere Beteiligung der Fachkräfte und Betroffenen sowie eine Abkehr von neoliberalen Steuerungslogiken. Er fordert mehr Mut zur grundlegenden Veränderung statt kosmetischer Korrekturen. ### 1. Radikaler Wandel ist überfällig Orban erkennt eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung, die das Jugendhilfesystem seit Jahren erodiert. Er fordert ein völlig neues Denken und Handeln: „Wir müssen tatsächlich völlig neu denken.“ ### 2. Partizipation statt Bevormundung Er kritisiert die bestehende Praxis, Klient:innen als passive Empfänger:innen zu behandeln. Stattdessen müssen sie als Subjekte in den Prozess einbezogen werden: „Die aktiv Beteiligten sind ja Subjekte in dem Ganzen.“ ### 3. Ausbildung und Praxis müssen strukturell gekoppelt werden Orban fordert eine engere Verzahnung von Ausbildung und Praxis, etwa durch Rückmeldung aus der Praxis an Hochschulen. Er berichtet von einem niederländischen Modell, bei dem Praktiker:innen die Relevanz der Curricula überprüften. ### 4. Führung braucht Systemkompetenz Er kritisiert, dass Führungskräfte oft nur aufgrund ihrer fachlichen Expertise ernannt würden, ohne über Führungssystemkompetenz zu verfügen. Es brauche Rahmenbedingungen statt linearer Steuerung. ### 5. Abschied vom Expertenanspruch Orban plädiert für ein Umdenken weg von Deutungshoheit hin zur Demut: „Es geht nicht um deine verdammte Neugier, sondern dass die Leute auf die Lösung kommen, die für sie passen.“ ### 6. Mut zur strukturellen Veränderung Er warnt vor kosmetischen Korrekturen und fordert einen grundlegenden Strukturwandel: „Wer glaubt, wir könnten allein mit kosmetischen Korrekturen irgendwas an dieser Lage verändern, der guckt aktiv weg.“ ## Einordnung Der Podcast wirkt wie ein professionelles Fachgespräch, doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich eine problematische Mischung aus professioneller Kompetenz und systemischer Beliebigkeit. Orban nutzt zwar systemtheoretisches Vokabular, doch seine Argumentation bleibt oft vage und ideologisch. Die wiederholte Kritik am „Neoliberalismus“ und die Forderung nach „radikalem Wandel“ klingen nach linker Gestik, doch sie bleiben ohne konkrete politische Analyse oder strukturelle Machtkritik. Stattdessen wird eine fast schon nebulöse „permanente Revolution“ beschworen, die an Esoterik grenzt. Besonders problematisch ist die Selbstinszenierung als „Agent:in der Veränderung“, die sich als Allheilmittel präsentiert. Die These, Geld sei nicht das Problem, sondern nur die falsche Verteilung, verharmlost strukturelle Unterfinanzierung. Die Forderung nach mehr „Demut“ klingt wohlwollend, bleibt aber inhaltsleer, wenn gleichzeitig ein Anspruch auf Deutungshoheit erhoben wird.