Im Herzen Neapels, wo der Supervulkan Campi Flegrei unter den sogenannten „brennenden Feldern“ brodelt, bebt der Boden fast täglich. Die 15-minütige Reportage begleitet Regionalzug-Passagier:innen, die nach einem Erdstoß der Stärke 4,6 auf offener Strecke ausharren, und fragt: Wie leben Menschen auf einem Vulkan, der alle paar Jahrhunderte ausbrechen kann? Die Antwort lautet: Sie gewöhnen sich ein. Lokale Politiker:innen erklären, junge Leute würden wegen fehlender Jobs wegziehen, nicht wegen Angst. Betroffene berichten von Evakuierungen in den 1980er-Jahren und dem Wiederaufbau auf demselben Gelände. Heute gibt es keine finanzielle Hilfe für freiwillige Umzüge – nur für Bewohner:innen schwer beschädigter Häuser. Statt auf den Staat setzen viele auf den Schutzpatron San Gennaro, der 1631 angeblich einen Lavastrom stoppte. Die Sendung endet mit dem Eindruck, dass Lebensfreude und Fatalismus Hand in Hand gehen: „Bis jetzt ging alles gut, hoffen wir, dass es so bleibt.“ ### 1. Der Vulkan als Vertragsbedingung Giacomo Bandiera, ehemaliges Stadtregierungsmitglied, beschreibt das Leben auf dem Supervulkan als unausweichlichen Vertrag: „Ogni putoliano al lato della nascita stipula un contratto con la propria terra, questo contratto prevede dei vantaggi, aber contemporaneamente prevede delle Strafen.“ Die Vorteile seien Strand, Meer, Aussicht; die Nachteile das Kleingedruckte – der Vulkan. ### 2. Die Rückkehr trotz Evakuierung Anna Peluso erinnert sich an die „crisi Bradisismica“ 1982–84, als das historische Zentrum geräumt wurde. Nach Jahren der Ruhe kehrten viele zurück oder bauten neu – in einem extra errichteten Viertel, das als erdbebensicher galt. Die Bodenhebung nimmt wieder zu, aktuell 1–2 cm pro Monat. ### 3. Kein Geld für freiwillige Flucht „No, attualmente non sono previste agevolazioni o segni economici per l’allontanamento“, sagt Peluso. Nur wer in einem schwer beschädigten Haus wohnt, bekommt staatliche Hilfe; sonst bleibt das Risiko bei den Bewohner:innen. ### 4. Heiliger statt Evakuierungsplan Tausende Pilger:innen täglich besuchen San Gennaro im Neapler Dom. Der Heilige soll 1631 den Vesuv-Lavastrom gestoppt haben. In Gassen und auf Plätzen laden Altarini zum spontanen Gebet – ein religiöses Sicherheitsnetz, das staatliche Vorsorge ersetzt. ## Einordnung Die Reportage inszeniert den Vulkan als Alltagskulisse: zwischen Prosecco-Sonnenuntergang und Erdbebensirene. Dabei bleibt der Blickwinkel klar auf lokale Betroffene beschränkt; wissenschaftliche Expertise oder nationale Krisenplanung kommen kaum vor. Die zentrale Botschaft – „wir haben uns daran gewöhnt“ – wird durch emotionale Bilder und rituelle Alltagsroutinen verstärkt, was die Gefahr naturalisiert. Kritische Fragen nach Stadtplanung, Baupolitik oder Klimamigration bleibt der Beitrag schuldig; stattdessen wird der Vulkan zur Schicksalsfrage erklärt. Die einseitige Perspektive verstärkt den Eindruck, Evakuierung sei illusorisch – ein fatalistischer Frame, der bestehende Machtverhältnisse und politische Verantwortung ausblendet. Hörwarnung: Wer nüchterne Informationen zu Risikomanagement oder präventivem Hochwasserschutz sucht, wird hier nicht fündig – die Sendung ist ein stimmungsvolles Porträt, keine Aufklärung.