Zu: „Geprägt werden“ – Asal Dardan über das Echo von Gewalt

In aller Ruhe
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# Zusammenfassung: „Traumaland" – Mit Asal Dardan In dieser Episode von „In aller Ruhe" spricht Carolin Emcke mit der deutsch-iranischen Schriftstellerin Asal Dardan über deren Buch „Traumaland", eine Spurensuche in deutscher Vergangenheit und Gegenwart. Das Gespräch kreist um die Frage, wie sich Trauma in Orte einschreibt und wie Erinnerung gestaltet werden kann. Dardan erklärt, wie sie in ihrem Buch unterschiedliche Orte in Deutschland untersucht, an denen Gewalt stattgefunden hat: von ihrem eigenen Wohnhaus mit Stolpersteinen in Schöneberg, über Dessau (Morde an Alberto Adriano und Oury Jalloh) bis nach Hoyerswerda. Sie reflektiert die verschiedenen Perspektiven auf deutsche Geschichte und wie sich diese in der Erinnerungskultur niederschlagen. Zentrale Themen sind die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Traumata, das Schweigen von Opfern und Tätern, die Komplexität kollektiver Erinnerung in einem Einwanderungsland und die Frage, wie mit belasteten Symbolen umgegangen werden sollte. Dabei betont Dardan den Wert eines behutsamen, aber kritischen Umgangs mit Geschichte: „Ich glaube, dass es nicht von ungefähr kommt, dass sozusagen die Vorstellung einer Interdependenz vom Außen und Innen [...] zur selben Zeit aufkam [...] mit dem, was gesellschaftlich passiert ist." Die Diskussion bewegt sich zwischen persönlichen Erfahrungen und theoretischen Reflexionen über Erinnerung, Trauma und gesellschaftliche Verantwortung in der Gegenwart. ## Einordnung Das Gespräch zeichnet sich durch seine intellektuelle Tiefe und den respektvollen Umgang mit komplexen historischen Themen aus. Dardan vermeidet vereinfachende Urteile und demonstriert stattdessen eine differenzierte Herangehensweise an Erinnerungskultur. Sie betont wiederholt die Notwendigkeit, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und versucht, Trauma sowohl als individuelles als auch als kollektives Phänomen zu verstehen. Bemerkenswert ist die Reflexion über das "Wir" in der Erinnerungskultur, das Dardan nicht als homogenes Konstrukt, sondern als vielschichtiges Gefüge versteht. Dies spiegelt aktuelle Debatten über Erinnerungspolitik in Einwanderungsgesellschaften wider, in denen unterschiedliche historische Erfahrungen zusammenkommen. Die Diskussion zum Umgang mit antisemitischen Bildern bei der Documenta zeigt exemplarisch die Spannungsfelder der Erinnerungskultur auf. Dardan kritisiert hier den "unsouveränen" gesellschaftlichen Umgang, plädiert aber gleichzeitig für Sensibilität gegenüber den Betroffenen. Das Gespräch bietet durch seine Verbindung von literarischer Reflexion, persönlicher Erfahrung und gesellschaftspolitischer Analyse wertvolle Einblicke in die Herausforderungen einer inklusiven Erinnerungskultur. Hörenswert für alle, die sich für die Nachwirkungen historischer Traumata und deren Bedeutung für gegenwärtige gesellschaftliche Prozesse interessieren.