Der SWR-Podcast „Das Wissen“ widmet sich in der Folge „Ich habe Rücken“ der Volkskrankheit Rückenschmerz. Moderation: Dorothea Brummerloh. Zu Wort kommen u. a. die Schmerzmediziner Prof. Frank Petzke (Universität Göttingen) und Dr. Michael Überall, der Orthopäde Prof. Pierre Eisel (Universität Köln) sowie die Betroffene Rita Bäcker und Patient Martin Sippel. Im Mittelpunkt steht die Frage, wann Bildgebung, Medikamente oder gar Operationen sinnvoll sind – und wann Bewegung, psychologische Betreuung und verhaltenstherapeutische Ansätze helfen. ### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt Die meisten Rückenschmerzen seien harmlos und heilten binnen Wochen, betont Petzke: „Für die meisten Menschen hat das eine zeitlich limitierte Funktion.“ ### 95 % der geplanten Wirbelsäulen-Operationen seien überflüssig Versorgungsforscher Überall zitiert Zweitmeinungs-Daten: „Nur in 5 % der Patienten, die sonst operiert worden wären, macht die OP Sinn.“ ### MRT-Befunde korrelieren kaum mit Schmerzstärke Die Ship-Studie zeige: Auffällige Kernspintomografien lassen sich bei weit über der Hälfte der Schmerzfreien finden; ein Zusammenhang fehle weitgehend. ### Bewegung gelte als „natürliches Heilmittel“ Überall: „Es gibt überhaupt keine Evidenz dafür, dass irgendeine Form von Bewegung schädlich ist.“ Die Herausforderung bestehe darin, Betroffene trotz akutem Schmerz zur Aktivität zu motivieren. ### Chronifizierung entstehe durch Yellow und Blue Flags Holtschmit differenziert zwischen Rot (organisch ernst), Gelb (psychosoziale Risiken) und Blau (arbeitsplatzbedingte Belastungen). Depression, Rauchen, Übergewicht und passive Schonhaltung begünstigen einen chronischen Verlauf. ### Multimodale Programme stärken Selbstwirksamkeit Sowohl das stationäre Anoa-Konzept als auch der ambulante Kurs Pain 2.0 kombinieren Physiotherapie, psychologisches Training und Verhaltensauflagen, wobei laut Petzke „Selbstverantwortung“ der zentrale Erfolgsfaktor sei. ## Einordnung Die Sendung präsentiert sich als professionell recherchiertes Wissenschaftsformat: Mehrere Fachärzt:innen, Versorgungsforscher:innen und Patient:innen kommen zu Wort, Studien und Leitlinien werden zitiert, die Redaktion erläutert Risikofaktoren sowie evidenzbasierte und überholte Behandlungen. Die argumentative Struktur bleibt stringent: Zunächst wird die weitverbreitete Angst vor Bandscheibenvorfällen und Bildbefunden entkräftet, dann die ökonomischen Anreize für übertherapie offengelegt und schließlich ein alternatives, bewegungszentriertes Behandlungsmodell skizziert. Kritisch bleibt, dass wirtschaftliche Interessen (Honorare für Operationen, Aufbau von Wirbelsäulen-Abteilungen) nur am Rande thematisiert und strukturelle Reformvorschläge fehlen; Gender- oder soziale Determinanten von Schmerz werden nicht erwähnt. Die Expert:innen dominieren, während Betroffenen lediglich illustrativ zitiert werden – eine ausbalanciertere Repräsentation würde dem Format gut stehen. Insgesamt bietet die Episode eine kompakte, faktenbasierte Entmystifizierung des Rückenschmerzes und plädiert überzeugend für multimodale, präventive Ansätze. Hörempfehlung: Wer aufschlussreiche Informationen über häufige Behandlungsfehler und praktische Selbsthilfe bei Rückenschmerzen sucht, erhält hier eine klare, wissenschaftlich fundierte Orientierung.