Die phoenix runde vom 3. September 2025 diskutiert unter dem Titel "Weltordnung im Umbruch – Putins Krieg und der Westen" die geopolitischen Verschiebungen angesichts der chinesischen Militärparade in Peking und der wachsenden Kooperation zwischen China, Russland und Nordkorea. Die Expert:innen – Galinde Gretel (Sicherheitspolitik, Uni Regensburg), Sönke Neitzel (Militärgeschichte, Uni Potsdam), Moritz Gartmann (Journalist) und Daniel Brösler (SZ) – analysieren Europas strategische Schwäche, die Abhängigkeit von den USA unter Donald Trump und die mangelnde militärische Handlungsfähigkeit der EU. Sie werfen ein Schlaglicht auf die prekäre Lage der Ukraine, Putins Kalkül und die Notwendigkeit europäischer Aufrüstung. ### China demonstriere globale Machtansprüche Es werde eine gigantische Militärparade in Peking inszeniert, bei der Xi Jinping gemeinsam mit Putin und Kim Jong Un auftrete. Diese Inszenierung solle signalisieren, dass China eine neue, postwestliche Weltordnung anstrebe und sich als künftige Führungsmacht positioniere. Galinde Gretel betont: "Diese Parade ist natürlich ein Instrument, um das zu verdeutlichen, um Stärke zu symbolisieren, sowohl nach innen als auch nach außen." ### Russland sei nicht isoliert, sondern auf dem Vormarsch Entgegen der westlichen Wahrnehmung sei Russland längst nicht isoliert. Moritz Gartmann erklärt: "Ich würde sagen, dass allgemein hier möglicherweise im Westen oder auch bei uns in Deutschland über zu lange Zeit ein falscher Eindruck geherrscht hat, dass Putin und Russland isoliert ist." Die Länder des globalen Südens wendeten sich vom Westen ab, da dieser bei Gaza keine klare Position zeige. ### Europa verharre in strategischer Lethargie Die europäischen Staaten würden ihre "Hausaufgaben" nicht machen. Trotz 500 Millionen Einwohner:innen und wirtschaftlicher Stärke fehle es an gemeinsamer Verteidigungspolitik. Sönke Neitzel kritisiert: "Die Europäer haben ihre Mini-Armeen und eine große Diversität, die sie nicht in Kampfkraft übersetzen können." Die nationale Kleinstaaterei verhindere effektive Aufrüstung. ### Ukraine befinde sich in militärischer Zwickmühle Die militärische Lage der Ukraine verschlechtere sich kontinuierlich. Die russischen Truppen rückten zwar nur langsam vor, aber stetig. Neitzel warnt: "Die Ukrainer schaffen es nicht, den Vormarsch der Russen zu stoppen, geschweige denn die Russen aus dem Land zu drängen." Ein Waffenstillstand sei für Putin kontraproduktiv, da er auf den Zusammenbruch der Ukraine setze. ### Trump diktiere europäische Außenpolitik Die europäische Strategie reduziere sich darauf, Donald Trump bei Laune zu halten. Daniel Brösler erklärt: "Es geht vielleicht auch um Erwartungsmanagement, dass die Dinge sind zwar nicht optimal, aber sie sind auch nicht katastrophal." Die EU sei zu schwach, um ohne die USA die eigene Sicherheit zu garantieren, wodurch Trump zum Zünglein an der Waage werde. ### Demokratische Debattenkultur als Sicherheitsrisiko Die innenpolitische Polarisierung in Europa gefährde die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Die Debatte um Wehrpflicht und Aufrüstung werde von parteipolitischen Interessen dominiert. Neitzel moniert: "Die SPD ist in dieser Form einfach ein Sicherheitsrisiko für dieses Land." Die Unfähigkeit, selbst kleinste Reformen umzusetzen, sende schwache Signale an Moskau. ## Einordnung Die Sendung demonstriert exemplarisch die deutsche Debattenkultur in der Sicherheitspolitik: Fachlich fundierte Expertise trifft auf politische Lethargie. Die Diskussionsteilnehmer:innen liefern präzise Analysen, zeigen aber auch die verfahrene Situation auf. Besonders bemerkenswert ist die Selbstkritik der Expert:innen, die Europas strategische Ohnmacht offen ansprechen. Die Moderation bleibt professionell, lässt kontroverse Positionen aber unkommentiert nebeneinander stehen. Die Diskussion verdeutlicht, wie sehr europäische Außenpolitik von der US-Wahlpolitik abhängt und wie wenig strategische Autonomie trotz aller Appelle vorhanden ist. Die Sendung transportiert eine beunruhigende Botschaft: Europa sei strategisch unvorbereitet und politisch blockiert, während autoritäre Mächte an Einfluss gewinnen. Hörwarnung: Wer nach 45 Minuten Sendung konkrete Handlungsoptionen oder Hoffnung sucht, wird enttäuscht – die Analyse bleibt in der Diagnose stecken und zeigt vor allem europäische Ratlosigkeit angesichts globaler Machtverschiebungen.