Doppelter Espresso: #94 Muss ich mit YouTube aufhören?
Torben Platzer analysiert den aktuellen YouTube-Algorithmschock und warum Desktop-Adblock-Nutzer:innen plötzlich nicht mehr gezählt werden.
Doppelter Espresso
38 min read1495 min audioTorben Platzer erklärt in dieser Solo-Folge, warum große YouTube-Kanäle seit September 2025 plötzlich 30–50 % ihrer Aufrufe verlieren. Laut seiner Analyse habe YouTube „versehentlich“ Desktop-Nutzer:innen mit Adblockern und nicht-eingeloggte Zuschauer:innen aus der Zählung aussortiert – was massive Einnahme-Einbrüche für Creator bedeute. Er belegt das mit Zahlen aus seinem eigenen Kanal und mit Tests des deutschsprachigen Influencers Morfo sowie von Linus Tech Tips. Platzer sieht zwei Beweggründe: Google wolle einerseits Bots bekämpfen, andererseits Druck auf Adblock-Nutzer:innen aufbauen. Die Folge: Videos erreichen weniger Menschen, die Algorithmus-Pfeile zeigen nach unten, Werbekunden zahlen schlechter. Platzer fordert mehr Transparenz von YouTube und appelliert an Zuschauer:innen, Adblocker zu deaktivieren, das Video vollständig zu schauen und die Glocke zu aktivieren, um Creator zu supporten. Nebenbei erklärt er, warum Bot-Kommentare Kanäle schaden und weshalb eine harte Alters-/Login-Pflicht für Kommentare sinnvoll wäre.
### Desktop-Views mit Adblock würden nicht mehr gezählt
Platzer zitiert Linus Tech Tips mit den Worten: „Leute, die einen Adblock verwenden … werden nicht gezählt.“ Die fehlenden 30–50 % der Views entfielen auf Desktop-Nutzer:innen, da praktisch nur dort Adblocker genutzt würden. Die Interaktionsrate (Likes, Kommentare) bleibe trotz des Einbruchs gleich, was laut ihm darauf hindeute, dass eben nicht echte Menschen fehlten, sondern nur die Zählung ausbleibe.
### Einnahmen brechen trotz gleichem Engagement ein
„Du kannst ja nicht mit 30.000 weniger Views … den gleichen Umsatz haben“, stellt Platzer klar. Da Werbe- und Sponsoring-Budgets meist view-basiert seien, würden viele Creator nun 30–50 % weniger Geld verdienen – obwohl die tatsächliche Aufmerksamkeit gleich bleibt.
### Nicht-eingeloggte Zuschauer:innen zählen nicht mehr
Der Influencer Morfo habe in einem Test festgestellt, dass Views von nicht-eingeloggten Nutzer:innen nicht mehr erfasst würden. Platzer interpretiert das als „Zwei-Fliegen-mit-einer-Klatsche“-Strategie: Google verlange verstärkt Alter- und Login-Daten, um einerseits Bots zu entlarven und andererseits Adblock-Nutzer:innen leichter sperren oder mit Premium-Locken ködern zu können.
### Kleine Algorithmus-Anpassung, große wirtschaftliche Wirkung
YouTube gebe zwar nach 30 Minuten detailliert Auskunft über Klickraten und Watchtime, doch die interne Neukalibrierung nach dem „10-Videos-Durchschnitt“ führe dazu, dass betroffene Kanäle länger schlechter platziert würden. „Wenn du den Leuten … 30 bis 50 % wegnimmst … wirst du dich in einer schlechteren Baseline einpendeln“, warnt Platzer. Neue Videos starten deshalb regelmäßig mit dem schlechtesten Rang (10 von 10), was Sponsoring-Einnahmen langfristig drücke.
### Bot-Kommentare schaden kleineren und großen Creator:innen gleichermaßen
Gekaufte oder automatisierte Kommentare würden zwar die Kommentarzahl erhöhen, aber die frühe Watchtime ruinieren: „Die gehen auf das Video, posten und sind weg, die sind eine Sekunde dort.“ Dadurch erhalte der Algorithmus das Signal, das Video sei uninteressant, und stelle die Ausspielung ein. Platzer rät, Bots zu löschen oder Wörter zu shadow-bannen, merkt aber an, dass beides nur begrenzt wirke.
## Einordnung
Die Folge ist kein investigativer Journalismus, sondern ein persönlich gefärbtes Status-Update aus Creator-Sicht. Platzer liefert spannende Beobachtungen und brauchbare Tipps für YouTube-Betreiber:innen, bleibt aber in der Analyse auf Plattform-Perspektive beschränkt. Kritische Gegenstimmen – Datenschützer:innen, Nutzer:innenrechtler:innen oder einfache Zuschauer:innen – fehlen komplett; stattdessen wird Adblock-Nutzung durchgehend als „unfair“ und „Schaden für Creator“ gebrandmarkt. Die These, YouTube habe die Änderung „aus Versehen“ eingeführt, bleibt unbelegt; es gibt keine externen Quellen oder Expert:inneninterviews. Die Aussage, es gebe kaum mobile Adblocker, verharmlost die technische Realität (z. B. DNS-Blocker, YouTube-Vanced-Nachfolger). Positiv: Platzer erklärt komplexe Zusammenhänge wie CTR, Watchtime und Sponsoring-Modelle anschaulich und fordert mehr Transparenz von Google. In der Gesamtbewertung ist die Episode ein Mischung aus Erfahrungsbericht und Werbeblock für seine Agentur – unterhaltsam für Tech-affine Creator:innen, aber kein tiefgreifendes Medienkritik-Format.
Hörempfehlung: Ja, wenn du selbst Content produzierst und wissen willst, warum deine Views seit September einbrechen – mit Adblocker- und Bot-Problem als Erklärungsansatz. Für allgemeine Medienkritik oder differenzierte Perspektiven auf Adblocker-Nutzung ist die Folge weniger geeignet.