KI-Update – ein heise-Podcast: KI-Update Deep-Dive: KI als persönlicher Tutor im Klassenzimmer
Bernhard Gmeiner erklärt im KI-Update-Podcast, warum Lehrkräfte KI nicht verbieten, sondern produktiv gestalten sollten – mit neuen Prüfungsformaten und kleineren Klassen.
KI-Update – ein heise-Podcast
55 min read2561 min audioIm heise-Podcast "KI-Update" spricht Isabelle Grünewald mit dem Wiener Lehrer Bernhard Gmeiner über den sinnvollen Einsatz von KI im Schulalltag. Gmeiner plädiert für eine produktive Auseinandersetzung statt Verbotspolitik und zeigt auf, wie er mit fünfzehnjährigen Schüler:innen eine Projektwoche zum Thema KI gestaltet hat. Er fordert eine neue Prüfungskultur, die Prozesse statt Produkte bewertet und mehr Mündlichkeit, Authentizität und Tagesaktualität in die Aufgaben bringt. Dabei setzt er auf datenschutzkonforme Tools wie Fellowfish oder Teachino und sieht die größte Herausforderung in der fehlenden Zeit und großen Klassen. Gmeiner betont, dass Lehrkräfte nicht zu KI-Expert:innen werden müssen, sondern eine offene Haltung und Grundkenntnisse bräuchten, um Jugendliche auf eine automatisierte Welt vorzubereiten.
### KI als Chance für individualisiertes Lernen
Gmeiner sieht in KI die Möglichkeit, Schüler:innen individualisiert zu fördern. Die Technik könne als persönlicher Tutor fungieren, komplexe Inhalte vereinfachen und Lernwege aufzeigen. Wichtig sei nur, dass datenschutzkonforme Tools verwendet würden und Lehrkräfte die Lernprozesse begleiten. „KI kann da helfen, das ist tatsächlich einer der größten Chancen, die KI uns bietet“, sagt er.
### Neue Prüfungskultur statt Detektivarbeit
Statt sich wie Detektive auf die Suche nach KI-generierten Texten zu machen, fordert Gmeiner eine neue Prüfungskultur. Kernpunkte seien mehr Mündlichkeit, die Bewertung von Lernprozessen statt nur des Endprodukts, authentische Aufgaben mit persönlichem Bezug und die Einbindung aktueller Ereignisse. So könne verhindert werden, dass Schüler:innen durch „Skill-Skipping“ grundlegende Kompetenzen überspringen.
### Forderung nach kleineren Klassen und mehr Zeit
Als größte Herausforderung nennt Gmeiner die großen Klassen mit bis zu 32 Schüler:innen und der Zeitdruck. Seine vorgeschlagenen Methoden seien in der Vollform kaum umsetzbar. „Das sind Vorschläge und Ideen, dass damit man startet mit bestimmten Klassen vielleicht“, räumt er ein. Kleine Klassen würden es Lehrkräfte erheblich erleichtern, individuell aufzubauen.
### KI-Expertise nicht nötig, aber Grundwissen und Offenheit
Wichtig sei keine umfassende KI-Kompetenz, sondern eine grundsätzlich offene Haltung. „Es geht mir echt auch darum, dass man einfach eine Haltung entwickelt, dass man ein neugieriger Dialogbereiter Lernbegleiter ist“, betont Gmeiner. Lehrkräfte müssten wissen, dass KI im Leben der Jugendlichen eine Rolle spiele und dieses Thema mitdenken.
### Datenschutzkonforme Tools für Schulen
Für den Unterricht empfiehlt Gmeiner Tools wie Fellowfish, Teachino oder Brisk Teaching, die datenschutzkonform seien und ohne Anmeldung funktionieren. Besonders spannend findet er Brisk Teaching, bei dem Schüler:innen mit KI-Experten zu bestimmten Themen interagieren können. Die Lehrkraft behalte den Überblick über den Lernprozess.
## Einordnung
Der Podcast bietet einen pragmatischen Einblick in die Schulrealität und zeigt, wie Lehrkräfte konkret mit KI umgehen können. Gmeiner argumentiert sachlich und ohne Hysterie, lässt aber auch offene Fragen: Welche Perspektiven von Schüler:innen, Eltern oder IT-Expert:innen fehlen? Welche Machtverhältnisse entstehen, wenn Unternehmen wie Fellowfish oder Brisk Teaching die Bildungsinfrastruktur liefern? Und wie wirken sich die vorgeschlagenen Methoden auf leistungsschwächere oder digitale Randständige aus? Die Sendung bleibt in der bubble von Lehrkräften, die sich eh schon mit dem Thema beschäftigen – eine kritische Auseinandersetzung mit kommerziellen Interessen oder strukturellen Herausforderern findet nicht statt. Dennoch liefert sie eine realistische Bestandsaufnahme und zeigt auf, warum Verbotspolitik weder praktikabel noch pädagogisch sinnvoll ist.
Hörwarnung: Wer nach fünfunddreißig Minuten konkrete Unterrichtsmaterialien oder eine politische Kritik an der Digitalisierung erwartet, wird enttäuscht. Wer aber eine erfahrene Lehrperson beim Nachdenken über neue Prüfungskultur und datenschutzkonforme Tools hören will, bekommt hier einen offenen, reflektierten Einblick.