# 404 Media: Chicago Sun-Times druckt KI-generierte Sommerlektüreliste mit nicht existierenden Büchern In dieser Folge des 404 Media Podcasts diskutieren die Journalist:innen Jason Kebler, Sam Cole, Emmanuel Mayberg und Joseph Cox zwei Hauptthemen: Zum einen den Fall der Chicago Sun-Times, die eine KI-generierte Sommerbeilage mit erfundenen Büchern veröffentlichte, und zum anderen die mangelnde Vorbereitung amerikanischer Schulen auf die Herausforderungen durch ChatGPT. ### 1. KI-generierte Inhalte in renommierter Zeitung veröffentlicht Die Chicago Sun-Times habe eine 64-seitige Sonderbeilage namens "Heat Index, Your Guide to the Best Summer" gedruckt, die KI-generierte Inhalte enthielt, darunter Buchempfehlungen für nicht existierende Werke. Jason Kebler habe mit dem Autor der Beilage gesprochen, der zugab: "Ich benutze KI manchmal für Hintergrundrecherchen, aber ich überprüfe das Material immer zuerst. Dieses Mal habe ich es nicht getan, und ich kann nicht glauben, dass ich es übersehen habe." ### 2. Wirtschaftlicher Druck als Ursache für KI-Einsatz Die Chicago Sun-Times sei kein Einzelfall, sondern symptomatisch für die wirtschaftliche Krise im Journalismus. Die Beilage sei von einem großen Medienkonzern namens Hearst erstellt worden: "Newspapers haben nicht die Ressourcen, dieses Material zu überprüfen [...] Es ist einfach eine wirklich traurige Situation." ### 3. Schulen waren auf ChatGPT völlig unvorbereitet Jason Kebler habe durch Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz Dokumente erhalten, die zeigten, dass viele Schulbezirke Anfang 2023 noch nicht einmal von ChatGPT gehört hätten: "Die gesamte Schulbehörde von Kalifornien hatte noch nie davon gehört." Gleichzeitig hätten pro-KI-Berater:innen Schulen besucht und Vorträge mit Titeln wie "Es ist Zeit, Plagiat und Betrug neu zu denken" gehalten. ### 4. Tiefgreifende Auswirkungen auf Bildung Lehrer:innen berichteten von gravierenden Problemen durch KI und Smartphones: "Die beängstigendste Anekdote kam von einer Spanischlehrerin an einer High School, die sagte: 'Ich kann diesen Kindern kein Spanisch beibringen, weil sie die Wörter auf Englisch nicht kennen, die ich ihnen beibringen muss.'" Es entstehe eine "Aushöhlung der Mitte", wo durchschnittliche Schüler:innen zunehmend KI nutzten. ## Einordnung Der Podcast bietet einen aufschlussreichen Einblick in die praktischen Auswirkungen der KI-Revolution auf Journalismus und Bildung. Die Diskussion offenbart ein systemisches Versagen: Durch finanzielle Aushöhlung traditioneller Medien entsteht ein Teufelskreis, in dem KI als kostengünstige Lösung erscheint, jedoch langfristig die Glaubwürdigkeit weiter untergräbt. Besonders bemerkenswert ist die Beobachtung, dass die öffentliche Empörung über KI-Fehler in Printmedien größer ausfällt als bei digitalen Publikationen – ein Hinweis auf die noch immer bestehende symbolische Autorität gedruckter Medien. Die Analyse der Bildungssituation legt eine beunruhigende Entwicklung nahe: Während die Debatte oft auf Plagiatsverhinderung fokussiert, deuten die Schilderungen der Podcast-Teilnehmer:innen auf tiefergehende Probleme hin. Die Kombination aus KI-Tools, sozialen Medien und Smartphones scheint grundlegende Lernprozesse zu untergraben. Auffällig ist die Beobachtung einer zunehmenden Bildungskluft, wobei der Einsatz von KI die bestehenden Ungleichheiten verstärken könnte. Die Journalist:innen begegnen dem Thema mit einer differenzierten Haltung, die sowohl systemische Zwänge anerkennt als auch klare ethische Grenzen zieht. Diese Folge bietet eine wertvolle Hörempfehlung für alle, die verstehen möchten, wie KI-Technologien unsere Informations- und Bildungslandschaft bereits heute fundamental verändern.