Der Podcast „Einspruch“ diskutiert in Folge 362 die geplante Reform des Wehrdienstgesetzes und das umstrittene Losverfahren zur Auswahl von Rekruten. Im Gespräch mit Staatsrechtlerin Kathrin Groh (Universität der Bundeswehr München) wird deutlich, dass ein solches Verfahren verfassungsrechtlich höchst problematisch ist: Es würde die Wehrgerechtigkeit untergraben, weil der Zufall keine sachliche Rechtfertigung für die ungleiche Lastenverteilung darstellt. Groh hält das Losverfahren für verfassungswidrig und plädiert für eine Grundgesetzänderung, falls die Politik an der Allgemeinpflicht festhalten will. Ergänzt wird die Sendung durch ein zweites Gespräch mit Polizeiforscher Markus Tiel über Polizeigewalt im Frankfurter Revier und einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das künftig Gerichte die inhaltliche Prüfung von öffentlich-rechtlichen Programmen erlaubt. ### Das Losverfahren würde die Wehrgerechtigkeit ad absurdum führen Groh betont, dass ein Losverfahren zwar „im Verfahren selbst total gerecht“ sei, weil jeder dieselbe Chance habe, gezogen zu werden, das Ergebnis aber „massive Belastungsungleichheit“ erzeuge: „30.000 durch Los gezogen werden und 70.000 frei ausgehen“ – das stehe im Widerspruch zur verfassungsrechtlich geforderten Lastengleichheit. ### Die Politik steckt in einer rechtlich kaum lösbaren Falle Die Koalition wolle eigentlich keine allgemeine Wehrpflicht, sondern nur 40.000 von 350.000 jährlich Pflichtigen, also „ein bisschen mehr als 10 %“. Um dies mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, müsste man entweder die Wehrgerechtigkeit aufgeben oder die Verfassung ändern – beides sei politisch heikel. ### Ein Pflichtdienstjahr könnte die Situation entschärfen Würden alle jungen Männer verpflichtet, ein Dienstjahr zu absolvieren, und das Los entscheide nur noch über Wehr- oder Zivildienst, „nähre ich die Belastungsgleichheit an“, so Groh. Eine echte Gleichbehandlung bleibt aber aus, solange Frauen vom Wehrdienst ausgenommen sind. ### Frauen auszuschließen ist laut Groh gerechtfertigt Obwohl das die einzige geschlechtsspezifische Regelung im deutschen Recht darstellt, hält Groh die Ausnahme für „grundfalsch“, solange Frauen strukturell benachteiligt sind. Eine Verfassungsänderung, um sie einzubeziehen, hält sie für „total unrealistisch“. ### Die Debatte ist kein „Phantomdiskurs“ Anders als in Dänemark, wo sich genug Freiwillige finden, zeigen deutsche Erfahrungswerte seit Jahren: „Die Bundeswehr schafft es nicht, auf ihre angestrebten 203.000 Leute zu kommen.“ ## Einordnung Die Sendung liefert eine klare, juristisch fundierte Kritik am Losverfahren und spart nicht mit verfassungsrechtlichen Warnungen. Die journalistische Leistung besteht darin, komplexe Rechtsfragen in verständliche Kernaussagen zu übersetzen und dabei konsequent die Perspektive der Betroffenen – junger Männer – einzunehmen. Kritisch bleibt, dass weder Verteidigungsministerium noch Befürworter des Losverfahrens zu Wort kommen; die Diskussion bleibt damit einseitig. Gleichwohl bietet der Podcast eine wichtige Entscheidungshilfe für alle, die sich schnell über die verfassungsrechtlichen Fallstricke informieren wollen. Hörer:innen erhalten hier keine politische Wertung, sondern eine präzise juristische Einschätzung – und das ist für ein Rechtspodcast genau richtig.