Der Tag: Polens neuer Präsident - Rechts-konservativ und recht konfrontativ

Der Tag analysiert die Amtseinführung des polnischen Präsidenten Nawrocki und die humanitäre Debatte um Gaza-Kinder.

Der Tag
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Der "Deutschlandfunk – Der Tag" widmet sich am 6. August 2025 zwei Topthemen: der Amtseinführung des neuen polnischen Präsidenten Karol Nawrocki und der humanitären Debatte um die Aufnahme schwer verletzter Kinder aus Gaza in deutsche Städte. Moderation: Stephanie Rohde. Expert:innen sind Korrespondent Peter Sawitzki aus Warschau und Philipp Kunschner aus Tel Aviv. ### Nawrocki setze auf Konfrontationskurs gegen Tusk Der neue Präsident habe sich in seiner Rede als „Mann des Volkes“ inszeniert und sei trotz nur knapper Mehrheit „sehr energisch, sehr zupackend“ aufgetreten, berichtet Sawitzki. Nawrocki kündige eine neue Verfassung bis 2030 und große Infrastrukturprojekte an, lehne aber weitere EU-Kompetenzabgaben ab. ### Rechtsextremer Bonkiewicz gewinne an Sichtbarkeit Vor dem Parlament habe der Rechtsextremist Robert Bonkiewicz „sehr aggressiv“ gesprochen. Sawitzki betont: „Das macht vielen Sorge … dass Personen wie er jetzt hier stärker salonfähig werden." ### Personalie Censkiewicz signalisiere harte Linie Als möglicher nationaler Sicherheitsberater werde der Historiker Sławomir Cenckiewicz gehandelt, der Lech Wałęsa jahrelang Kollaboration mit dem kommunistischen Geheimdienst unterstellt habe und Tusk wiederholt „Verrat“ vorgeworfen habe. ### Deutsch-polnische Beziehungen drohten zu erfrieren Parallel zur Amtseinführung sei das Amt des Deutschlandbeauftragten abgeschafft worden. Rücktrittsgrund seien mutmaßlich „antideutsche Stimmen“ im rechten Lager, die Ruchniewicz „Verrat“ vorgeworfen hätten. Nawrocki könnte Reparationsforderungen neu befeuern. ### Gaza-Kinderrettung funktioniere nur in Einzelfällen Kunschner schildert einen mehrstufigen Prozess: ärztliche Einschätzung, WHO-Koordination, israelische Sicherheitsprüfung, Ausreise über Rafah nach Ägypten und Weiterreise in Drittstaaten. Von 17.000 besonders schutzbedürftigen Kinden kämen nur wenige hinaus. ### Netanyahu plane laut Medienberichten Vollbesatzung Ein Insider zitiere: „Die Würfel seien gefallen, man beabsichtige, den Gazastreifen vollständig zu besetzen.“ Militärführung und Generalstabschef lehnten dies laut Kunschner ab: Moral, Personal und Kosten sprächen dagegen. ## Einordnung Die Sendung arbeitet journalistisch sauber: beide Korrespondenten liefern differenzierte Hintergründe, benennen offen rechtsextreme Akteure und wahren professionelle Distanz. Besonders bemerkenswert ist, wie sorgfältig das Redaktionsteam die historische Kontextualisierung von Nawrockis Rede (Dmowski-Referenz) und die komplexe Logistik der Gaza-Hilfe aufbereitet. Kritikwürdig bleibt, dass die israelische Militärführung als vermeintlich rationale Gegenmacht zu Netanyahus „Besatzungsfantasie“ gerahmt wird, ohne die strukturelle Verantwortung für die andauernde humanitäre Katastrophe weiter auszuleuchten. Die Perspektive palästinensischer Zivilist:innen kommt nur indirekt durch UN-Zitate zur Sprache. Insgesamt liefert der Podcast eine klare, faktenbasierte Orientierung für Hörer:innen, die sich schnell über zwei komplexe Krisen informieren wollen. Hörempfehlung: Wer eine fundierte, schnelle Einschätzung zur polnischen Machtverschiebung und zur humanitären Lage in Gaza sucht, erhält hier verlässliche Informationen ohne Polemik.