This American Life: 839: Meet Me at the Fair

Eine feinfühlige Reise durch das Iowa State Fair, bei der Träume, Enttäuschung und Geschäftemacherei nah beieinander liegen.

This American Life
59 min read3807 min audio
Der Podcast "This American Life" widmet sich in der Folge "Meet Me at the Fair" dem Iowa State Fair, auf dem eine Million Menschen ihre ganz eigenen Ziele verfolgen. Ira Glass begleitet verschiedene Perspektiven: Bailey Leavitt, die aus einer Kirmes-Familie stammt und nach sogenannten "Agents" sucht – Verkäufer:innen, die Besucher:innen so geschickt umgarnen, dass sie mehr Geld ausgeben als geplant. In einem anderen Akt berichtet Dana Chivas von den 4-H-Kaninchenwettbewerben, bei denen Kinder lernen, mit Enttäuschung und Zuchtstandards umzugehen. Chris Bender begleitet das Paar Jamie und Jennifer Adkins, das mit "Biscuit Bar" erstmals einen Food-Stand aufbaut – mit gemischten Gefühlen und weniger Profit als erhofft. Am Ende bleibt Jeremy, der Betreiber eines Wasserspiel-Standes, zurück, der kurz nach offiziellem Feierabend noch ein letztes Rennen durchführt, um sein Tagesziel von 10.000 Dollar zu erreichen. ### 1 Es gäbe eine eigene "Agenten"-Kultur auf Jahrmärkten Bailey Leavitt erklärt, dass "Agents" die besten Verkäufer:innen seien, die Besucher:innen in einen fast hypnotischen Zustand versetzen könnten: "You're going to spend way more money than you planned on at that game." Sie sucht gezielt nach einem solchen Agenten und findet schließlich Jeremy Bouvier, der 24 Jahre Erfahrung hat und freiberuflich zwischen verschiedenen Shows wechselt. ### 2 Kinder würden bei 4-H-Kaninchenwettbewerben mit Schönheitsidealen und Genetik konfrontiert Jenna King erfährt, dass ihr Lieblingskaninchen Martini zwar wegen einer Allergie disqualifiziert wurde, aber genetisch "phenomenal" sei: "That is the moment you take away from this, okay? That you did something phenomenal genetically." Ihre Schwester Jillian plant, ihren molenden Löwenkopf-Chacho trotz roter Schleife abzugeben, weil er nicht ihren Zuchtstandards entspricht. ### 3 Ein Neuling-Paar würde 300.000 Dollar in einen Food-Stand investieren und weniger als die Hälfte des erwarteten Gewinns machen Jamie Adkins schätzt, dass sie 300.000–350.000 Dollar Umsatz machen würden, doch am Ende bleiben nur etwa 70.000 Dollar Gewinn übrig – nach 11 Tagen Arbeit von 5 bis 23 Uhr. Jamie bleibt gelassen: "I deal with it all the time." Die Rückzahlung der Investition dauert wohl vier Jahre. ### 4 Ein Wasserspiel-Betreiber würde nach offiziellem Schluss weitermachen, um sein selbstgesetztes Ziel zu erreichen Jeremy und sein Kollege Barry entscheiden sich kurz vor 22 Uhr, noch ein letztes Spiel zu veranstalten, weil sie 100 Dollar unter ihrem Tagesziel liegen: "We had a goal. We needed five more dollars." Sie schaffen es und beenden erst um 22:04 Uhr. ## Einordnung Die Episode zeigt das State Fair als Mikrokosmos des amerikanischen Traums: Menschen mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen verfolgen ihre ganz eigenen Ziele – vom Kind, das den perfekten Hasen züchten will, bis zum Familienunternehmen, das mit einem Food-Stand durchstarten möchte. Das journalistische Format von "This American Life" verzichtet auf Kommentar und lässt stattdessen die Protagonist:innen für sich sprechen. Dabei wird deutlich, wie sehr Erfolg und Scheitern von Zufällen, sozialer Herkunft und Zugang zu Ressourcen abhängen. Die Episode bleibt freundlich und nah am Individuum, ohne strukturelle Ungleichheiten zu benennen – was die Geschichten emotional zugänglich macht, aber auch sozialkritische Tiefe vermissen lässt. Besonders bemerkenswert ist die feine Beobachtung von Mikro-Ökonomien: von der Kirmes-Agentur bis zur komplexen Logistik eines Food-Standes. Hörempfehlung: Wer liebevoll erzählte Alltagsgeschichten mit subtiler Tiefe mag, bekommt hier ein eindrucksvolles Porträt des amerikanischen Landlebens zwischen Traum und Wirklichkeit.