Stahl aber herzlich – Der Psychotherapie-Podcast mit Stefanie Stahl: Zu: Jahrelang betrogen – kann die Beziehung trotzdem weitergehen?
Stahl aber herzlich – Der Psychotherapie-Podcast mit Stefanie Stahl
60 min readIn der Therapiesitzung bei Psychologin Stefanie Stahl sind Mia und Max zu Gast, die seit 17 Jahren eine Beziehung führen. Ihr zentrales Problem: Max war über all die Jahre immer wieder untreu und hat Affären gehabt. Obwohl Mia mehrfach versuchte, die Beziehung zu beenden, haben sie immer wieder zusammengefunden – auch weil die gemeinsamen Phasen sehr gut seien.
Im Gespräch arbeitet Stahl heraus, dass Max an einem "Bindungstrauma" leide. Sein Verhalten folge einem Muster: In Momenten der Nähe mit Mia suche er intensiv Geborgenheit, sobald sie jedoch physisch getrennt seien, schalte sein "Autonomiesystem" ein und er fühle sich "wie ein Single". Max erklärt: "Das ist tatsächlich der komplette Kontrollverlust. [...] Also das ist was, was ich wie die Luft zum Atmen brauche, sowas, diese körperliche Nähe."
Die Therapeutin führt dies auf seine emotional distanzierte Kindheit zurück: "Ich habe eigentlich für mich schon immer alle Entscheidungen mit mir selbst besprochen", berichtet Max. Stahl erklärt Mia: "Von daher eine ganz gute Idee oder ein ganz guter Hinweis oder Werkzeug für mich, um da reinzukommen." Sie empfiehlt ihm Übungen, um seine Bindungsfähigkeit zu trainieren und die Affären als destruktives Schutzmuster zu erkennen.
Mia hingegen beschreibt ihre Verletzungen durch Max' Verhalten und wie schwer ihr besonders die Lügen fallen: "Dieses Belogen werden ist so schlimm für mich. Also die Lüge und der Verrat, das ist das, was mir so schwerfällt."
## Einordnung
Die Therapiesitzung bietet tiefe Einblicke in die Dynamik einer langjährigen, aber dysfunktionalen Beziehung. Stahl arbeitet kundig das psychologische Muster hinter Max' Untreue heraus und gibt konkrete Handlungsempfehlungen. Bemerkenswert ist ihre ausgewogene Balance zwischen Erklärungsansätzen (Bindungstrauma) und Verantwortungsübernahme.
Kritisch zu sehen ist, dass Mias Co-Abhängigkeit nur angerissen wird. Die Frage, warum sie trotz jahrelanger Verletzungen in der Beziehung verbleibt, hätte tiefere Betrachtung verdient. Stahl erwähnt kurz Mias "Kontrollillusion" durch Selbstbeschuldigung, vertieft diesen wichtigen Aspekt jedoch kaum. Die Therapiesitzung bietet wertvolle Einsichten für Menschen, die ähnliche Beziehungsmuster erleben, sollte aber nicht als vollständige Lösung für komplexe Bindungsprobleme verstanden werden.