Das Politikteil: „Wir werden regelmäßig angegriffen“
ZEIT-Podcast über russische Luftraumverletzungen und Drohnenüberflüge über NATO-Gebiet mit Expertin Ulrike Franke.
Das Politikteil
14 min read3734 min audioIn der ZEIT-Podcast-Folge "Das Politikteil" diskutieren Tina Hildebrandt und Heinrich Wefing mit der Drohnenexpertin Ulrike Franke über die zunehmenden russischen Luftraumverletzungen über NATO-Gebiet. Franke erklärt, dass Russland systematisch die Grenzen austeste und dabei Aufklärung mit Provokation verbinde. Besonders brisant: Kleinere zivile Drohnen, die über deutschen Flughäfen wie Hahn auftauchen, seien oft schwer einer russischen Quelle zuzuordnen, stellten aber ein echtes Sicherheitsrisiko dar. Die Expertin warnt, dass es keine einfachen Abwehrmechanismen gebe – weder für Flughafenbetreiber noch für Polizei. Abschüsse seien wegen Kollateralgefahren oft unmöglich. Die Diskussion zeigt, wie sehr sich Sicherheitsbehörden im Wettrüsten mit immer besser werdender Drohnentechnik befinden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob das klassische Abschreckungsprinzip der NATO angesichts von Putin und Trump noch funktioniere.
### Russland teste gezielt die Grenzen der NATO aus
Franke erklärt, dass Russland sehr gezielt die Grenzen der NATO austeste: "Russland ist sehr gut darin, die Grenzen auszutesten, also wirklich zu gucken, wie weit kann ich gehen, was kann ich tun, was kann ich nicht tun?" Die Flüge seien meist Aufklärungsmissionen, aber immer auch Provokationen. Besonders in Zeiten allgemeiner Spannung wie nach den Iran-Bildern steige die Frequenz solcher Vorfälle.
### Zivile Drohnen über deutschen Flughäfen seien Teil hybrider Kriegsführung
Über dem Flughafen Hahn seien wiederholt Drohnen aufgetaucht. Franke erklärt, dass es sich meist um zivile DJI-Drohnen handle, die von russischen Agenten in Deutschland gesteuert würden. Dies sei ein klassisches Beispiel für hybride Kriegsführung – man wisse oft nicht, wer die Drohne steuere oder was ihr Ziel sei.
### Abwehr kleiner Drohnen sei technisch und rechtlich extrem schwierig
Die Expertin betont, dass es keine einfachen Gegenmaßnahmen gebe: "Man kann sie nicht einfach abschießen. Also wenn man sie über einem Flughafen abschießt, dann fallen sie natürlich runter." Weder Flughafenbetreiber noch Polizei seien ausreichend ausgestattet oder trainiert für Drohnenabwehr.
### NATO stehe im Wettrüsten mit Drohnentechnologie
Franke spricht von einem "Wettrüsten" zwischen immer besser werdenden Drohnen und deren Abwehr. Neue Technologien wie Laserabwehr seien erst in Entwicklung. Die derzeitigen Abwehrmaßnahmen seien unzureichend.
### Abschuss russischer Jets könne keine einfache Antwort sein
Trotz aller Warnungen erklärt Franke auch, dass es gute Gründe gegen den Abschuss verletzender Militärjets gebe: "Man kann nicht mal eben so einen russischen Jet abschießen, um ein Zeichen zu setzen." Die diplomatischen und militärischen Risiko seien zu hoch.
### Das klassische Abschreckungsprinzip der NATO werde infrage gestellt
Die Moderatoren werfen die Frage auf, ob das klassische Abschreckungsprinzip der NATO angesichts von Trump und Putin noch funktioniere. Franke mahnt, man müsse prinzipiell in der Lage sein, russische Jets abzuschießen, erklärt aber auch, was dagegen spreche.
## Einordnung
Die Folge zeigt die ZEIT in ihrer journalistischen Stärke: komplexe sicherheitspolitische Zusammenhänge werden zugänglich aufbereitet, ohne in Panikmache zu verfallen. Die Expertin liefert differenzierte Einschätzungen statt einfacher Antworten. Besonders bemerkenswert: Die Diskussion verortet die aktuellen Vorfälle nicht isoliert, sondern bettet sie in langfristige sicherheitspolitische Entwicklungen ein. Fragwürdig bleibt, warum keine anderen Perspektiven als die sicherheitspolitische berücksichtigt werden – zivilgesellschaftliche oder diplomatische Stimmen fehlen. Die Moderation bleibt professionell, aber die ständige Wiederholung des Abschuss-Themas wirkt fast wie eine inhaltliche Fixierung. Die Darstellung bleibt westlich-zentriert: Russlands Motive werden zwar erklärt, aber nicht hinterfragt oder kontextualisiert. Insgesamt liefert der Podcast eine informative, wenn auch einseitige sicherheitspolitische Analyse.