Byline Podcast: The Battle For The Soul Of Your Party
Der Byline Podcast beleuchtet die Gründungskonflikte der neuen linken Partei "Your Party" und die Spannung zwischen Zentralismus und Basisdemokratie.
Byline Podcast
33 min read2087 min audioAdrian Goldberg diskutiert in dieser Folge des Byline Podcasts die Gründungsphase der neuen linken Partei "Your Party" und die Spannungen zwischen zentraler Steuerung und Basisdemokratie. Alan Story, Aktivist und Autor des "Left Lane"-Newsletters, wirft der Führung um Carrie Murphy vor, 700.000 Interessierte vor Ort nicht preiszugeben und die Gründungskonferenz im November ohne breite Beteiligung zu organisieren. Politikprofessor John Tong erklärt, warum eine linke Partei im britischen Wahlsystem kaum Chancen hat, aber gerade jetzt eine historische Chance bestehe.
### 1. Die Führung um Carrie Murphy verweigere lokalen Gruppen den Zugriff auf Mitgliederdaten
Story berichtet: "They say that comes later... we're talking really not until January." Die Zentralorganisation behalte die Kontaktdaten aller 700.000 Registrierter in London und verweigere Aktivisten in Norwich, Manchester oder auf der Isle of Wight den Zugriff – trotz expliziter Anfragen.
### 2. Die Gründungskonferenz werde ohne Basisbeteiligung durch sechs unabhängige MPs organisiert
Story befürchtet: "This is just going to sort of be Labour 2.0" – eine Partei, die von ehemaligen Labour-Mitgliedern dominiert werde, statt ein breites Spektrum von Kommunist:innen bis Anarchist:innen einzubinden.
### 3. Die neue Partei könne im britischen Mehrheitswahlrecht nur wenige Sitze gewinnen, aber Labour schwächen
John Tong erklärt: "A party to the left of Labour could win a number of seats... that could potentially put Labour in trouble." Die Gefahr bestehe, dass Stimmen von Labour abgezogen würden und so Reform oder Konservative profitierten.
### 4. Jeremy Corbyns Labour habe 2017 mehr Stimmen erhalten als Starmer 2024 – bei deutlich linkerem Programm
Tong nennt die entscheidende Zahl: "12.9 million [votes] no less in 2017" für Corbyns Labour, gegenüber weniger als 10 Millionen 2019 und offenbar noch weniger 2024 – trotz Wahlsieg.
### 5. Die Partei könne sich als ökosozialistische Kraft positionieren – mit kostenlosen Elektrobussen und Wiederverstaatlichung
Story skizziert eine Vision: "Let's have free electric street cars, transit buses across this country" und die Rücknahme von Wasserbetrieben in öffentliche Hand – "80% of people want water under public ownership".
### 6. Die Spaltung der Linken gefährde eine progressive Regierungsbeteiligung
Tong warnt: "Can you see a Kier Starmer led Labour Party doing a deal with what he would see as the odds and sods of a party on the left?" Die Fragmentierung könne rechte Parteien an die Macht bringen.
## Einordnung
Diese Podcastfolge zeigt exemplarisch die journalistische Stärke des Byline Podcasts: Adrian Goldberg lässt sowohl kritische Aktivist:innen als auch neutrale Expert:innen zu Wort kommen und widerspricht der eigenen Quelle nicht direkt, sondern holt eine Gegenposition von Carrie Murphy ein. Die Diskussion wird nicht auf Wahlkampftaktik reduziert, sondern beleuchtet die strukturellen Probleme des britischen Wahlsystems und die ideologischen Konflikte innerhalb der Linken. Besonders bemerkenswert ist, wie die Sprecher:innen die Machtverhältnisse zwischen Zentrale und Basis, zwischen Parlament und Straße sowie zwischen verschiedenen linken Strömungen aushandeln – ohne dabei die Gefahr zu ignorieren, dass eine Spaltung der Stimmen rechte Parteien stärken könnte. Die journalistische Herangehensweise bleibt dabei sachlich und gibt den Konfliktparteien ausreichend Raum für ihre Positionen.
Hörempfehlung: Wer verstehen will, warum linke Parteien im britischen System scheitern und wie eine neue Bewegung versucht, dies zu ändern, sollte diese klug moderierte Diskussion hören.