Der FAZ-Podcast „Künstliche Intelligenz“ (Episode: „Europa experimentiert zwar viel mit KI, aber die Skalierung gelingt Amerikanern und Asiaten deutlich schneller") lädt Christine Rupp (Deutschland-Chefin IBM) zur Erklärung ein, warum deutsche Firmen KI-Piloten zwar starten, sie aber nicht landen. Sie nennt drei Hemmnisse: vorsichtige Führung, komplexe Regulierung und knappes Risikokapital. IBM selbst skaliere bereits: 1,6 Mio. „Digital Workers“ sollen 160 000 Human-Berater:innen assistieren, interne Prozesse gingen 75 % schneller, 2025 sollen 4,5 Mrd. US-$ eingespart werden. Kritisch: Die Moderatoren Peter Buxmann und Holger Schmidt hinterfragen weder die Arbeitsmarktwirkungen noch Machtkonzentration. Fehlende Gegenstimmen (Gewerkschaften, Datenschützer:innen) und die Selbstverständlichkeit, „Enterprise-AI“ sei per se vertrauenswürdig, bleiben unkommentiert. Die Sendung wirkt wie ein IBM-Positionspapier im Interviewformat. ### KI verkürze klinische Studiensuche um 78 % Christine Rupp berichtet, IBM-Technik habe die Recherche nach passenden Krebsstudien „um mehr als 78 % verkürzt“ und ermögliche dadurch „maßgeschneiderte Medikationswege“. Das Beispiel dient als emotionale Einstiegshandlung, ohne dass Studiendaten oder unabhängige Evaluation genannt werden. ### Europäische Firmen skalieren zu langsam Rupp konstatiert: „In Zentraleuropa sind wir enorm innovativ“, doch fehle der Mut zur flächendeckenden Einführung. Als zentrale Ursache nennt sie „Leadership von the Top“ – ohne klare Weisung von oben bleibe es bei „Piloten“, während US- und asiatische Konzerne schneller skalieren. ### IBM will 1,6 Mio. „Digital Worker“ einsetzen Intern verfolge IBM einen „Hybridansatz“ und baue „1,6 Millionen Digital Workers“ auf – Assistenten und Assets, die Human-Berater:innen ergänzen. Die Zahl wirkt als Quantifizierung von Produktivitätsgewinnen, ohne dass nach Kontrollmechanismen oder Fehlerquoten gefragt wird. ### Datenschutz wird als Ausrede gelesen Rupp sieht deutsche Datenschutz- und Governance-Vorgaben nicht als technisches, sondern als „Kopf-Problem“: „Es fehlt schlichtweg das Fachwissen, was machbar ist.“ Die Moderatoren stellen zwar Nachfragen, lassen aber stehen, dass „compliant Lösungen“ stets verfügbar seien – eine Behauptung, die ohne externe Expertise bleibt. ### Fazit: KI-Wettlauf erfordere Risikokapital und Lockerung Als zentrale Forderungen nennt Rupp klare Regulierung, Talentförderung und schnelleres Risikokapital. Dabei bleibt offen, wie Verbraucher:innen- und Beschäftigtenschutz mit hohem Skalierungstempo vereinbart werden sollen. ## Einordnung Die Sendung wirkt wie ein durchgestyltes IBM-Recruitment-Video: Die Moderatoren Peter Buxmann und Holger Schmidt übernehmen nahezu vollständig die Begrifflichkeiten und Zahlen ihrer Gesprächspartnerin, ohne externe Studien, Gegenstimmen oder kritische Arbeitsmarkt-Expertise einzuholen. Fehlende Perspektiven sind Arbeitsrechtler:innen, Betriebsräte, Datenschützer:innen oder Wettbewerbshüter:innen; stattdessen zementiert sich der Top-down-Mythos, nur rigide CEO-Entscheidungen ermögliche KI-Skalierung. Die argumentative Linie – „Jetzt skalieren oder verlieren“ – verengt den Diskurs auf Wettbewerbsfähigkeit und verharmlost regulatorische Schutzfunktionen als „Vorsichtsmüdigkeit“. Die Tatsache, dass IBM 4,5 Mrd. US-$ Einsparungen durch Digitalisierung erreichen will, bleibt ohne Frage danach, welche Tätigkeiten wegfallen und wie Qualität sowie Mitbestimmung gesichert werden. Insgesamt transportiert die Episode eine geschlossene pro-Technologie- und pro-Unternehmensnarrative, ohne alternative Deutungsrahmen oder Machtkritik zuzulassen. Hörwarnung: Wer eine ausgewogene Auseinandersetzung mit Folgen der KI auf Arbeit, Macht und Gesellschaft sucht, wird hier mit Werbung für IBM-Strategie allein gelassen; kritische Expertise sucht man vergeblich.