Bern einfach. Das Wichtigste zum Tag.: Notfälle aus Gaza, Ignazio Cassis flieht, Beat Jans und die Kirche, Andreas Glarner und die Blitzer, Oliver Washington
Rechte Polemik statt Politik-Analyse: Der "Nebelspalter"-Podcast diffamiert Palästinenser und Solidaritätsbewegungen pauschal als antisemitisch.
Bern einfach. Das Wichtigste zum Tag.
28 min read1487 min audioMarkus Somm und Dominik Feusi vom "Nebelspalter" bezeichnen sich selbst als "grösster nicht-linker Podcast der Schweiz". In der Folge vom 23. September 202s thematisieren sie vier Schwerpunkte: 1. Das Staatssekretariat für Migration wolle medizinische Notfälle aus Gaza samt bis zu fünf Begleitpersonen in die Schweiz holen, ohne Bundesratsbeschluss oder Budget. Somm wirft den Verantwortlichen vor, „willkürlich“ zu handeln und nennt sie „Hamas-Lieblinge“. 2. Ignazio Cassis sei bei einer Pro-Palästina-Demo in Bellinzona „fluchtartig“ eskortiert worden; die Demonstrant:innen werden pauschal als „Antisemit:innen“ und „Hamas-Unterstützer:innen“ diffamiert. 3. Bundesrat Beat Jans habe aus der Kirche austreten wollen, weil die katholische Kirche Frauen- und Homosexuellenrechte verletze; die Moderatoren verspotten seinen Entschluss als späte „Emanzipation mit 60“. 4. SVP-Nationalrat Andreas Glarner schlage vor, AHV-Löcher mit Blitzergeldern zu stopfen; die Gegenargumente einer SP-Politikerin werden als „ungerecht“ und „lächerlich“ abgetan. Dominik Feusi präsentiert Recherchen zum Fall einer „zensierten“ Maturarbeit und wirft dem zuständigen Kommunikationschef vor, nachträglich Schweigeverträge auferlegt zu haben.
### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt
Laut der Investigativ-Recherche von Dominik Feusi gebe es „weder ein Bundesratsbeschluss, noch ein Budget, noch eine Rechtsgrundlage“ für die geplante Evakuierung medizinischer Notfälle aus Gaza. Somm ergänzt: „Irgendein Beamter hätte da schöne Idee, will er Pro Palästina ist, will er Hamas Liebling ist.“
### Dänemark weise Palästinenser:innen ab, weil sie „nicht zu integrieren“ seien
Als Beleg für die angebliche Integrationsunfähigkeit zitiert Somm eine dänische Sozialdemokratin, die 1992 321 abgewiesene Flüchtlinge aus dem Libanon habe ablehnen lassen. „2019 sind 170 Mitglieder von der 321 Gefängnisstrafe über worden“, behauptet er und schließt: „Es gibt praktisch kein arabisches Land, wo Palästinenser aufnimmt … die sind nicht gut zum Integrieren.“
### Cassis-Attacke als Beleg für „antisemitische“ Schweizer Demo-Kultur
Die Moderatoren inszenieren den Vorfall in Bellinzona als Beleg dafür, dass „Palästina-Idiot:innen“ die Schweizer Demokratie nicht verstünden. Somm: „Das sind Bilder, wo für mich nicht zu der Schweiz passen … dass ein Bundesrat in Bern in seinem eigenen Kanton nicht mehr sicher ist.“
### Blitzergeld als „gerechte" AHV-Finanzierung
Glarner fordert, bis zu 1,2 Mrd. Franken aus Blitzergeldern direkt in die AHV zu lenken. Feusi: „Zweitens nur Gemeinde plötzlich viel weniger … das ist schon interessant.“ Kritik der SP wird als „absolut unglaublich“ und „spektakulär argumentativ“ belächelt.
### „Zensur“ durch Kommunikationschef Washington
Feusi präsentiert E-Mails, wonach der Leiter der schulischen Verwaltung erst nach einem Interview eine Schweigevertrags-Klausel auferlegt habe. Somm: „Was schafft er eigentlich? Für so einen Kommunikationschef, wo du und ich 200‘000 Franken zahlen, damit der Schrott macht.“
## Einordnung
Der Podcast betreibt keine journalistische Berichterstattung, sondern polemische Unterhaltung mit klarem Kampagnenanspruch. Die Diskussion zeichnet sich durch pauschale Diffamierung, verschwörungstheoretische Untertöne und gezielte Auslassung gegenteiliger Fakten aus. Palästinenser:innen und palästina-solidarische Proteste werden pauschal als „antisemitisch“ und „terroristisch“ framiert; wissenschaftliche Erkenntnisse zur medizinischen Notlage in Gaza oder zur Integrationsfähigkeit Geflüchteter werden ignoriert. Stattdessen dienen einzelne Statistiken aus Dänemark als „Beweis“ für angeblich kulturelle Unverträglichkeit. Die Moderatoren beanspruchen Deutungshoheit, indem sie jede Kritik an israelischer Politik als „Antisemitismus“ brandmarken und demokratische Protestformen delegitimieren. Gleichzeitig wird ein Rechtsanspruch auf „Meinungsfreiheit“ für sich reklamiert, während Gegenseitige Ausgrenzung als gefährliche „Cancel Culture“ denunziert wird. Die Sendung verstärkt damit reaktionäre und rechte Talking Points unter dem Label „kritisch und unabhängig“.