11KM: der tagesschau-Podcast: No-Kings Proteste: Wie weit ist Trumps radikaler Umbau der USA?
Ein klarer, investigativer Blick auf die Umsetzung von Trumps radikalem Umbauplan – und was das für die Demokratie bedeutet.
11KM: der tagesschau-Podcast
33 min read2073 min audioDer ARD-Podcast „11KM – der tagesschau-Podcast“ beleuchtet in der Folge „Wie viel Project 2025 steckt schon in den USA?“ die Umsetzung des rechtskonservativen Plans „Project 2025“ unter Präsident Trump. Moderator David Krause spricht mit Gudrun Engel, Leiterin des ARD-Studios Washington, über die bundesweiten Proteste („No Kings“), die sich gegen Trumps Politik richten, und analysiert, wie weit die von der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation entwickelte Agenda bereits in die Realität umgesetzt wurde. Engel berichtet, dass von 318 geplanten Maßnahmen bereits 118 umgesetzt und 67 in Arbeit seien – mit tiefgreifenden Folgen für Behörden, Medien, Justiz und Zivilgesellschaft.
### 1. Proteste formieren sich neu – aber bleiben homogen
Die „No Kings“-Demonstrationen hätten laut Veranstalter:innen sieben Millionen Menschen bundesweit mobilisiert. Im Vergleich zu früheren Protesten sei die Stimmung offener, aber auch weniger divers: „Es sind tatsächlich eher ältere Menschen und vor allem es sind Weiße“, sagt Engel. Die Bewegung gelinge erstmals, verschiedene Einzelproteste zu bündeln – ein Zeichen wachsender Opposition, aber auch sozialer Spaltung.
### 2. Project 2025 ist kein Papier-Tiger – 118 von 318 Vorhaben bereits umgesetzt
Das 912 Seiten starke Papier aus dem Jahr 2023 sei kein bloßes Manifest, sondern Blaupause für die Trump-Administration. Engel zählt: 118 Maßnahmen seien bereits Realität, 67 in Umsetzung. Die Geschwindigkeit sei „irre“, vor allem weil viele Autor:innen des Papiers nun in Schlüsselpositionen sitzen – etwa Tom Homan als „Border Czar“ oder Brandon Carr an der Spitze der Medienregulierung.
### 3. Abschiebungen werden inszeniert – und ausgeweitet
Die ICE-Behörde werde zur „größten und mächtigsten Behörde“ hochgerüstet, mit 10.000 neuen Mitarbeitenden und Millionenbudget für Werbung. Die Abschiebepolitik sei nicht nur effizienter, sondern auch inszenierter geworden: „Die Skrupellosigkeit, mit der das passiert, die schürt große Angst“, so Engel. Menschen mit gültigen Papieren würden von der Straße gegriffen, Familien blieben zu Hause aus Angst vor Kontrollen.
### 4. Behördenabbau erfolgt systematisch – mit langfristigen Lücken
Unter dem Vorwand der Staatsverschuldung würden ganze Behörden wie US Aid abgeschafft, tausende Mitarbeitende:innen entlassen. Die Folgen seien nicht nur politisch, sondern strukturell: „Wenn diese Projekte gestoppt werden, wenn die Mitarbeitenden abziehen und da eine Lücke hinterlassen, ist da nichts mehr zu machen“, warnt Engel. Auch Universitäten und Medien verlösen Expert:innen und Gelder.
### 5. Medienfreiheit wird eingeschränkt – durch Lizenzdrohungen und Geldentzug
Kleine lokale Radiosender verlieren ihre Förderung, große Medienkonzerne geraten unter Druck. Die Leiterin der Medienregulierungsbehörde selbst habe über Lizenzentzug für unliebsame Sender nachgedacht. Gleichzeitig würden Medienunternehmen, deren CEOs mit Trump verbandelt seien, geschont – ein „Problem für eine funktionierende Demokratie“.
### 6. Justiz und Demokratie unter Druck – mit globalen Folgen
Trump sehe sich als „alleinige Macht“ und übe massiven Druck auf Gerichte aus, die seine Dekrete kippen. Die Gewaltenteilung werde ausgehöhlt, die Demokratie bewege sich „schnell weg von einer Demokratie hin zu einer Autokratie“. Die langfristigen Folgen seien nicht nur innenpolitisch, sondern auch geopolitisch: „Wenn Strukturen zerschlagen werden, ist das wahnsinnig schwer wieder aufzubauen.“
## Einordnung
Die Folge zeigt, wie professionell recherchierte Politik-Analyse klingt: klar strukturiert, faktenreich und mit klaren Quellen. Engel liefert konkrete Beispiele, differenziert zwischen symbolischen und strukturellen Veränderungen und räumt ein, wo Antworten ausstehen. Besonders bemerkenswert: Sie benennt die soziale Homogenität der Proteste („weiß, älter“) und die Angst vieler Expert:innen, sich öffentlich zu äußern – ein deutliches Zeichen für Einschüchterung. Der Podcast bleibt dabei journalistisch klar: Es geht nicht darum, Trump als Person zu diffamieren, sondern die Mechaniken der Machtkonsolidierung zu durchleuchten. Die fehlenden Gegenstimmen – weder von Trump-Verteidiger:innen noch von der Heritage Foundation – ist bewusst so kommuniziert und unterstreicht die Selbstbeschränkung der Beteiligten. Die Einordnung gelingt als warnender Blick auf einen systematischen Umbau der Demokratie, der nicht nur die USA, sondern auch internationale Strukturen betrifft.
Hörempfehlung: Hohe journalistische Qualität, klare Struktur und beunruhigende Erkenntnisse – lohnt sich für alle, die verstehen wollen, wie tief der Umbau der USA bereits fortgeschritten ist.