Im Reflektor-Podcast spricht Jan Müller mit dem Schauspieler und DJ Lars Eidinger über dessen elektronische Musikwurzeln, seine Jugend in Berlin der 1990er-Jahre und die Verbindung von Schauspiel und Musik. Eidinger erzählt, wie er als Teenager mit einem Atari-Computer im Keller seiner Eltern erste elektronische Tracks baute, später in der Bar 25/Pampa auflegte und 1998 ein Album auf K7 veröffentlichte. Er sieit Parallelen zwischen seiner Theaterarbeit und dem DJing: beides sei Rhythmus-, Klang- und Präsenzarbeit. Die beiden diskutieren, ob man Musik von kontroversen Künstlern wie Kanye West trennen könne von deren Persönlichkeit, und sprechen über Neid, Omnipräsenz und das Sich-Öffnen für künstlerische Prozesse. Der zweieinhalbstündige Talk wirkt wie ein offenes, fast therapeutisches Gespräch unter Kolleg:innen, das sich wenig um PR, sondern um echte Einblicke in künstlerische Praxis bemüht. ### 1. Musikalische Frühphase im West-Berliner Keller Eidinger habe als 15-Jähriger mit Atari, Logic und einem Mikrofon Samples aufgenommen („Geräusche von meiner Katze, wie sie so am Kratzbaum kratzt“) und daraus Tracks gebaut. Diese experimentelle Phase sei autodidaktisch entstanden: „Ich saß dann so im Keller von meinen Eltern […] im Dunkeln und hab dann so experimentiert mit den Sounds.“ ### 2. Berliner Techno-Underground der 1990er Sein erstes Gig habe er mit 18 im Vorläufer der Bar 25, der Pampa, gehabt. Früh habe er Detroit-Techno gespielt („Underground Resistance“), sei in E-Werk und Planet unterwegs gewesen und habe dort eine „frühe Technofieber-Prägung“ erlebt. ### 3. Album auf K7 als experimentelles Projekt 1998 erschien eine LP auf dem Hamburger Label K7. Entstanden sei sie gemeinsam mit einem Hardcore-Produzenten in Neukölln, „mit nem Hardware-Sampler, nem Akai“. Das klinge heute sehr nach Neunziger, sei aber seinerzeit schon „ein bisschen ihrer Zeit voraus“ gewesen, sagt Eidinger. ### 4. Trennung von Werk und Person bei problematischen Künstlern Am Beispiel Kanye West diskutieren die beiden, ob schwierige Persönlichkeiten der Kunst schaden. Eidinger plädiert dafür, „dass man das trennen kann“, weil „dieser Impuls, der von der Musik ausgeht, der ja unabhängig ist von der Person“. ### 5. Parallelen zwischen Schauspiel und DJing Beide Formen sieht Eidinger als klanglich-rhythmische Arbeit: „Was ich auf der Bühne mache, ist ja im Grunde genommen auch so ein bisschen Rhythmus und Klang, ne? […] Ich hab ja auch so ein Sound in der Stimme.“ ### 6. Rückzug statt Musik als Vorbereitung Vor Auftritten suche er Stille, nicht Musik: „Ich bin dann eher so jemand, der sich dann zurückzieht […] Musik lenkt mich dann eher ab.“ Dieses Ritual wirke wie eine Konzentrations- und Meditationsübung. ## Einordnung Der Podcast lebt von der Atmosphäre eines vertrauten Plauschers zwischen zwei Künstler:innen, die sich auf Augenhöhe begegnen. Müller stellt kaum kritische Nachfragen, überlässt Eidinger viel Raum für assoziative Erinnerungen. Das Format versteht sich eindeutig als Unterhaltung, nicht als harte Analyse – was angesichts der Laufzeit und der musikaffinen Zielgruppe funktioniert. Positiv: Es gelingt dem Gespräch, eine Brücke zwischen High-Culture-Theater und Club-Underground zu schlagen und zu zeigen, wie sehr sich elektronische Musik und darstellende Kunst gegenseitig befruchten können. Kritisch: Wer tiefergehende Auseinandersetzung mit den angeschnittenen Themen (Künstlerische Trennung von problematischen Personen, Neid in der Kreativbranche) erwartet, bekommt nur oberflächliche Skizzen. Es fehlen weitere Perspektiven – etwa von Produzent:innen oder vom K7-Label selbst. Auch bleibt offen, wie Eidingers Sound sich seit 1998 weiterentwickelt hat. Dennoch bietet die Episode ein stimmiges Porträt eines multi-disziplinären Künstlers, der sich nicht auf eine Kategorisierung reduzieren lässt.