Übermedien: Holger ruft an ... wegen „Der talentierte Mr. F.“
Zwei deutsche Animationsfilmer entdecken, dass ihr preisgekrönter Kurzfilm in den USA unter fremdem Namen läuft – und reisen eigenhändig nach Los Angeles, um den Betrüger zu stellen.
Übermedien
12 min read1962 min audioDer Übermedien-Podcast erzählt die skurrile, aber wahre Geschichte zweier deutscher Animationsstudierender, deren Kurzfilm von einem US-Amerikaner geklaut und als dessen eigenes Werk auf Festivals eingereicht wurde. Jan-Ole Panzer und Jörn Hintz hatten vier Jahre an ihrem 16-minütigen Film gearbeitet, der nach seiner Premiere auf der Berlinale gefeiert wurde. Als sie durch eine E-Mail erfuhren, dass ihr Film unter fremdem Namen läuft, recherchierten sie, dass der Dieb damit sogar Preise gewann und als Juror eingeladen wurde. Behörden halfen nicht, also flogen sie auf eigene Faust nach Los Angeles. Mit Sonnenbrillen und Caps bewaffnet, beobachteten sie dessen Elternhaus, folgten ihm zum Supermarkt und konfrontierten ihn schließlich – mit einem Happyend: Der Betrüger gab den Film als gestohlen zu und zahlte eine Entschädigung.
### 1. Der gestohlene Film als Karriere-Sprungbrett
Der US-Amerikaner Samuel F. habe den deutschen Animationsfilm bei einem Festival in Los Angeles unter eigenem Namen eingereicht und dafür sogar einen Preis gewonnen. Jan-Ole erinnert sich: „Der ist halt schon auf Festivals damit gewesen, auf großen Festivals. Der wurde teilweise eingeladen als Jurymitglied bei einem Festival in Japan.“
### 2. Behördliches Desinteresse trotz eindeutiger Beweise
Die Polizei habe die Betroffenen nicht unterstützt. Jörn zitiert: „Uns wurde von der Polizei gesagt, hey, ihr könnt ihn ja verklagen. Aber das ist halt ein Prozess, der über Jahre gehen kann und der super teuer ist.“ Die Rechtslage sei zu kompliziert, die Kosten zu hoch.
### 3. Eigeninitiative statt Rechtsweg
Die beiden Filmemacher entschieden sich, selbst nach Kalifornien zu reisen. Jörn begründet: „Wir haben gemerkt, wir müssen damit irgendwie abschließen. Das war auch so ein bisschen so eine Message an uns selbst, so, ey, wenn ihr jetzt nichts macht, dann werdet ihr das immer bereuen.“
### 4. Detektiv-Spiel statt Strategie
Ohne konkreten Plan schlüpften sie in Rollen: Jörn zum „Detective“ mit Notizbuch, Jan-Ole zum „Psychologen“. Sie verkleideten sich mit Caps und Sonnenbrillen, um nicht erkannt zu werden. Jörn gibt zu: „Wir haben uns gefühlt, als wären wir in einem Film.“
### 5. Konfrontation mit Happyend
Nach tagelanger Beobachtung stellten sie den mutmaßlichen Dieb im Supermarkt. Jan-Ole: „Ich hab gesagt, okay, ich geh zu ihm hin. Und dann haben wir ihn ja angesprochen.“ Samuel F. reagierte überrascht, räumte den Diebstahl ein und zahlte eine Entschädigung.
## Einordnung
Der Podcast nutzt klassische Storytelling-Techniken: dramatische Spannung, klischeehafte Rollenzuschreibungen (Detektiv, Psychologe) und ein glückliches Ende. Stilistisch wirkt die Erzählung wie ein Hollywood-Film im Miniformat, was die Autor:innen offenbar bewusst anstreben. Kritisch anzumerken ist, dass die Geschichte zwar unterhaltsam aufbereitet, aber keine rechtsstaatliche Perspektive einnimmt: Die Selbstjustiz wird heroisiert, obwohl sie zufällig gut ausgeht. Fehlende Expert:innen-Stimmen (z. B. zu Urheberrecht oder US-Recht) verstärken den Eindruck einer einseitigen, emotionalen Perspektive. Die filmische Inszenierung der Protagonisten überlagert die journalistische Aufklärung. Dennoch gelingt es, ein komplexes internationales Urheberrechtsproblem greifbar zu machen – mit dem Nachteil, dass die Lösung (Selbstjustiz) keine Option für die meisten Betroffenen ist.