Der Deutschlandfunk-Podcast „Der Tag“ vom 8. Oktober 2025 beschäftigt sich mit zwei Themen: der knappen Annahme eines Änderungsantrags im EU-Parlament, der Begriffe wie „Wurst“ oder „Burger“ künftig auf tierische Produkte beschränken will, sowie der rückläufigen Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts, bei der die sogenannte „Turboeinbürgerung“ nach drei Jahren wieder abgeschafft wird. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen, ob Verbraucher:innen durch pflanzliche Produktbezeichnungen getäuscht werden könnten, welche Mehrheiten im EU-Parlament hinter dem Vorstoß stehen und welche konkreten Auswirkungen die Einbürgerungsänderungen auf Fachkräfte und Zuwanderung haben. Die Moderation übernimmt Philipp May, der sich mit den Korrespondent:innen Moritz Köpper (EU) und Gudula Geuther (Berlin) unterhält. ### 1. Rechte Mehrheit im EU-Parlament durchsetzt Bezeichnungsverbot Der Änderungsantrag, der Begriffe wie „Wurst“, „Steak“ oder „Burger“ auf tierische Produkte beschränken will, sei mit 355 zu 247 Stimmen überraschend durchgekommen – getragen von einer Mehrheit aus Konservativen, Rechten sowie Teilen der Sozialdemokraten und Liberalen. Moritz Köpper verweist darauf, dass „die Mehrheit jetzt eher rechts ist, teilweise auch rechtspopulistisch“. ### 2. Verbraucherschutz wird als Argument genutzt, Kritiker:innen sehen Kulturkampf Befürworter:innen behaupten, Verbraucher:innen könnten vegane Produkte mit tierischen verwechseln; Gegner:innen wie die Verbraucherorganisation Foodwatch halte das für „völlig unsinnig“, da niemand versehentlich eine Tofu-Würstchen kaufe, „weil er glaubt, das sei seine Rinderwurst“. Der Beitrag wertet den Vorstoß als „Kulturkampf“, bei dem konservative Kräfte „traditionelle“ Begriffe schützen wollen. ### 3. CDU/CSU im EU-Parlament stimmt überwiegend dagegen – Merz’ Aussage irritiert Trotz Friedrich Merz’ Bonmot „Eine Wurst ist eine Wurst“ hätten die deutschen EVP-Abgeordneten (CDU/CSU) mehrheitlich gegen das Verbot gestimmt. Peter Liese (CDU) bezeichnete die Debatte als „überflüssig“ und erwartet, dass der Ministerrat das Vorhaben ohnehin blockieren werde. ### 4. Turboeinbürgerung nach drei Jahren wird abgeschafft – Rest der Ampel-Reform bleibt Im Bundestag einigen sich Union und SPD darauf, die Möglichkeit zur Einbürgerung nach dreijährigem Aufenthalt bei „besonderen Integrationsleistungen“ wieder abzuschaffen. Die Regelungen über verkürzte Fristen auf fünf Jahre sowie die grundsätzliche Duldung doppelter Staatsangehörigkeit bleiben bestehen. ### 5. Nur rund 1 % der beschleunigten Einbürgerungen betroffen – Fachkräfte könnten abspringen Nach Hochrechnungen von Berlin seien lediglich etwa 500 Menschen von der Drei-Jahres-Regel profitiert. Der Bundesrat kritisiert die Abschaffung: „Das sind doch die Leute, die wir wollen.“ Migrationswissenschaftler:innen erwarten kaum messbare Effekte auf die Zuwanderung, während Unionspolitiker:innen weiter von einem „Pullfaktor“ sprechen. ## Einordnung Die Sendung arbeitet klassisch aufklärend: Fakten werden zunächst nüchtern erklärt, dann in den politischen Kontext gesetzt und wirkungsvolle Töne zitiert. Besonders gelingt die Demontage des Bezeichnungsverbots als Symbolpolitik: Die Redaktion zeigt, dass das EU-Parlament mit einer rechten Mehrheit einen Kulturkampf bedient, der weder Verbraucher:innen schützt noch praktische Relevanz hat. Die leicht ironische Distanz („Soll das EU-Parlament sich als nächstes Leberkäse verbieten?“) unterstreicht die Auffassung, dass hier Energie in ein Scheindebatte fließt. Bei der Einbürgerungsreform bleibt der Blick auf Machbarkeit und symbolische Effekte; dass nur ein verschwindend geringer Teil der Betroffenen von der Abschaffung der Drei-Jahres-Regel betroffen ist, relativiert die Brisanz. Kritisch bleibt, dass rechte und rechtskonserve Argumente zur Mehrheitsbildung im EU-Parlament beitragen, ohne dass die Redaktion explizit auf die Gefahr der Normalisierung solcher Positionen eingeht. Insgesamt bietet „Der Tag“ eine klare, faktenorientierte Orientierungshilfe für Hörer:innen, die sich ohne Polemik über komplexe politische Vorgänge informieren wollen. Hörempfehlung: Lohnt sich für alle, die in kurzer Zeit die Hintergründe zweier aktueller Politik-Themen – pflanzliche Lebensmittelbenennung und Einbürgerung – verständlich aufbereitet bekommen wollen. Unterhaltsam, mit pointierten Gästen und ohne erhobenen Zeigefinger.