Breitband: Ärger um OpenAI - ChatGPT polarisiert mit neuer Version

Breitband entzaubert ChatGPT-5, kritisiert Smartphone-Durchsuchungen und deckt EU-Lobbyinteressen auf.

Breitband
51 min read2484 min audio
Im Podcast "Breitband" diskutieren Martin Böttcher, Dennis Kogel und Hagen Teschüren drei aktuelle Digitalthemen: die enttäuschende Performance von OpenAIs ChatGPT-5, die rechtliche Zulässigkeit erzwungener Smartphone-Entsperrung durch die Polizei und die geplante EU-Regulierung "Digital Networks Act". Als Expert:innen kommen Felix Ruppert (LMU München), Tim Elsner (KI-Entwickler), Henrik Heuer (CAIS Bochum), Frederik Ufer (VATM) und Thomas Loninger (Epicenter Works) zu Wort. ### ChatGPT-5 sei kaum besser als Vorgänger Tim Elsner attestiert dem Modell: "Das kann nicht wirklich irgendwas fundamental Neues, das macht nichts wirklich anders, ist einfach nur ein bisschen ausgefeilter". Die größte Neuerung sei, dass die KI nun selbst entscheide, welchen Antwortmodus sie wähle – was besonders Nutzer:innen störe, die ChatGPT als emotionale Ersatzbegleitung nutzten. ### Benchmark-Ergebnisse seien fragwürdig Henrik Heuer erklärt, die Tests seien problematisch, weil "die Tests, die sind meistens mit Lösungen im Internet" und die KI diese möglicherweise bereits aus den Trainingsdaten kenne. Er fordert eigenständige journalistische Tests statt Herstellerangaben. ### Smartphone-Durchsuchung bei Biometrie sei verfassungswidrig Felix Ruppert kritisiert das BGH-Urteil scharf: Der Zugriff auf biometrisch gesicherte Smartphones erfolge über eine Gesetzeslücke. Der Paragraph 81b StPO erlaube zwar Fingerabdrucknahme, aber nicht deren Nutzung zur Datenauswertung – eine Praxis, die "an der Gewaltenteilung rüttle". ### EU-Kommission bevorzuge "European Champions" Thomas Loninger wirft der EU-Kommission vor, "einseitig im Sinne der Telekomindustrie" zu agieren. Der geplante Digital Networks Act könne zur Schwächung der Netzneutralität führen und begünstige große europäische Anbieter wie die Deutsche Telekom. ### Kleine Anbieter könnten durch Netzentgelte benachteiligt werden Die geplanten Netzentgelte für Datenschwere Dienste würden zwar Netflix treffen, aber kleinere Streaming-Anbieter könnten sich diese Gebühren nicht leisten – was den Markt weiter konzentriere. ## Einordnung Die Sendung zeigt das Profil eines professionellen, kritischen Journalismus. Die Moderator:innen hinterfragen Herstellerversprechen, rechtliche Grauzonen und Lobbyinteressen durchdacht. Besonders bemerkenswert ist die klare Positionierung gegenüber OpenAIs Marketing und der mutige Vorwurf der Verfassungswidrigkeit gegen das BGH-Urteil. Die Perspektiven sind vielfältig: neben Tech-Journalist:innen und Wissenschaftler:innen kommen Lobbyist:innen und Zivilgesellschaft zu Wort. Kritikwürdig bleibt, dass die Expert:innen überwiegend männlich sind und Nutzer:innenperspektiven fehlen. Die Sendung vermittelt ein realistisches Bild von KI-Grenzen und digitalen Machtverhältnissen ohne in Technik-Euphorie oder Verschwörungsdenken zu verfallen.