The Lawfare Podcast: Lawfare Daily: Insider’s View of Zelensky’s Anti-Corruption Fiasco

Lawfare beleuchtet, wie die ukrainische Regierung in Rekordzeit versuchte, die Unabhängigkeit der Korruptionsermittler zu kappen – und warum das Land daraufhin erstmals seit 2022 wieder auf die Straße ging.

The Lawfare Podcast
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Die Lawfare-Folge "Ukraine's Anti-Corruption Crisis" beleuchtet den gezielten Angriff der ukrainischen Regierung auf die unabhängigen Anti-Korruptionsbehörden NABU und SAPO. Die Abgeordnete Anastasiia Radina schildert, wie eine Gesetzesvorlage über Nacht eingebracht und binnen Stunden verabschiedet wurde – ohne Debatte, ohne Transparenz und gegen jede parlamentarische Regel. Die Änderungen hätten der Generalstaatsanwaltschaft, einer politischen Stelle, die Kontrolle über hochrangige Korruptionsermittlungen übertragen. Radina spricht offen über die Motive: einige Abgeordnete seien selbst von Ermittlungen betroffen, andere hätten nationalistische Ressentiments gegen „ausländischen Einfluss“ bedient – ein Narrativ, das auch Putin verwendet. Die ukrainische Zivilgesellschaft reagierte mit den ersten landesweiten Protesten seit 2022. Nach massiven Druck korrigierte Präsident Selenskyj die Gesetzesänderung – doch die Glaubwürdigkeit der Regierung und das Vertrauen internationaler Partner seien nachhaltig beschädigt. Radina betont: Die Anti-Korruptionsbehörden seien zwar formal gerettet, doch die Ermittler:innen blieben unter Druck, und die politische Lernkurve sei fraglich. ### 1. Die Gesetzesvorlage sei in einem "Blitzkrieg-Verfahren" durchs Parlament gepeitscht worden Radina berichtet, dass die Änderungen am Dienstagmorgen in eine völlig andere Vorlage eingefügt worden seien: „The whole thing happened on Tuesday [...] There wasn’t even public information of a committee meeting planned [...] The text of the bill wasn’t published on the parliamentary website [...] until about like 10 minutes or 20 minutes before the vote.“ ### 2. Die Reform hätte die Unabhängigkeit der Korruptionsermittlung faktisch beendet Die geplanten Regelungen hätten der Generalstaatsanwaltschaft – einer politischen Stelle – die Kontrolle über alle wichtigen Entscheidungen in hochkarätigen Korruptionsfällen übertragen: „Prosecutor General [...] received an opportunity to give mandatory assignments in the cases [...] basically subject [...] from consent, not by anti-corruption prosecutors, but from the prosecutor general.“ ### 3. Mehrere Abgeordnete hätten in einem offensichtlichen Interessenkonflikt abgestimmt Radina bestätigt, dass mindestens einige Parlamentarier:innen, die für die Vorlage stimmten, selbst Gegenstand von Ermittlungen der betroffenen Behörden seien: „there definitely are people who voted in a situation of conflict of interest.“ ### 4. Die offizielle Begründung – „Bekämpfung russischen Einflusses“ – sei offenkundig vorgeschoben Radina weist die Darstellung zurück, die Gesetzesänderung diene der Sicherheit: „Nothing of this allows to combat any Russia's influence imagined or real [...] This is just a completely different story.“ ### 5. Die ukrainische Zivilgesellschaft habe mit landesweiten Protesten reagiert – trotz Kriegszeiten Die Proteste seien die ersten seit der russischen Invasion 2022 gewesen: „this whole ordeal [...] led to the first mass protests in Ukraine since the beginning of Russia's full-scale invasion in 2022.“ ### 6. Die Regierung habe nach massiven Druck einen Kurswechsel vollzogen – die Glaubwürdigkeit sei aber beschädigt Nach Tagen der Demonstrationen habe Selenskyj einen neuen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Änderungen weitgehend rückgängig mache – doch das Vertrauen sei angeknackst: "the task of the government is to do everything possible [...] to revive this trust." ## Einordnung Die Episode zeigt ein professionelles journalistisches Format, das komplexe politische Vorgänge strukturiert und sachlich aufarbeitet. Moderatorin Anastasiia Lapatina führt die Gesprächspartnerin präzise durch die Ereignisse, stellt klare Nachfragen und vermeidet Spekulation. Besonders bemerkenswert ist die Offenheit, mit der Radina über interne Machtspiele, parteipolitische Druckmechanismen und die Rolle des Präsidialamtes spricht – auch wenn sie selbst der Regierungspartei angehört. Die Diskussion bleibt dabei auf der Metaebene: Es geht nicht darum, ob Korruptionsbekämpfung wichtig ist, sondern wie mit parlamentarischen Mitteln versucht wurde, sie zu untergraben. Die Perspektive der betroffenen Ermittler:innen kommt zwar kurz zur Sprache, bleibt aber insgesamt unterrepräsentiert. Die Analyse der Motive – von parteipolitischem Kalkül bis hin zur Wiederbelebung nationalistischer Ressentiments – ist differenziert und verzichtet auf pauschale Schuldzuweisungen. Die Episode liefert damit eine seltene, detailreiche Innenansicht ukrainischer Machtverhältnisse in Kriegszeiten.