Der israelische Holocaust-Forscher Amos Goldberg erklärt im Gespräch mit Nadi, warum er die Zerstörung Gazas als Völkermord einstuft. Er berichtet, dass bereits Tage nach dem 7. Oktober 2023 klar war, dass die israelische Antwort nicht auf Hamas-Kämpfer:innen beschränkt bleibe, sondern die gesamte palästinensische Bevölkerung treffen würde. Goldberg sieht die juristische Hürde des „genozidalen Vorsatzes“ als politisches Schutzschild für Täterstaaten und kritisiert, dass das Genozid-Konvention eigentlich Prävention, nicht nur juristische Bestätigung nach Jahren, verlange. Er spricht von einer „kollektiven Zerstörung“ Gazas durch gezielte Bombardierung von Krankenhäusern, Eliten und Infrastruktur sowie durch Hungerblockaden. Die israelische Gesellschaft durchlaufe einen langsamen Erkenntnisprozess: Viele erkannten inzwischen das Ausmaß der Verbrechen, doch die Mehrheit lehne den Völkermord-Vorwurf weiter ab. Goldberg plädiert für eine zukünftige egalitäre Binationalität ohne jüdische Vorrechte als Voraussetzung für Versöhnung. ### 1. Gaza existiere als lebensfähiger Ort und Gesellschaft nicht mehr Goldberg zufolge sei die palästinensische Gesellschaft in Gaza „from within and from“ zerstört worden: „Gaza does not exist anymore as a livable place. The Gaza society does not exist as a collective.“ ### 2. Die juristische Fokussierung auf „Vorsatz“ (intent) ermögliche Straflosigkeit Goldberg kritisiert, dass Gerichte den Beweis erfordern, die Vernichtung einer Gruppe sei die einzig vernünftige Absicht gewesen. Diese Hürde mache die Genozid-Konvention praktisch „untauglich“. ### 3. Die israelische Politik sei von Anfang an genozidal motiviert gewesen Schon am 8. Oktober 2023 habe Netanyahu angekündigt, „no stone on the other stone“ zu lassen. Der damalige Generalstabschef habe seiner Frau gesagt: „Gaza will be destroyed.“ ### 4. Historiker:innen bräuchten zum Verständnis von Massengewalt mehr als juristischen Vorsatz Goldberg betont, Genozide entstünden oft aus strukturellen, wirtschaftlichen und ideologischen Faktoren; eine Reduktion auf individuelle Absicht verstelle die analytische Sicht. ### 5. Die deutsche Debatte leide unter „typisch deutscher“ juristischer Versteifung Die Forderung, den Begriff Genozid erst nach einem ICJ-Urteis zu verwenden, nennt Goldberg „stupid and morally disgusting“ und verweist auf Armenien und den Holocaust, die nie formell per Gerichtsurteil als Genozid anerkannt wurden. ### 6. Eine zukünftige Lösung müsse auf völliger rechtlicher Gleichheit basieren Goldberg fordert „egalitarian binationalism“, also gleiche kollektive und individuelle Rechte für Palästinenser:innen und Israeli:innen – unabhängig von der Bezeichnung des politischen Modells. ## Einordnung Der Podcast betreibt hier keinen Journalismus im klassischen Sinn, sondern ein klares Aktivisten-Format. Die Moderation ist parteiisch, was angesichts des selbsternannten „left is best“-Claims konsequent ist: Nadi stellt keine kritischen Gegenfragen, etwa warum die Mehrheit der Völkerrechtler:innen den Vorsatz nach wie vor prüft, oder wie sich Goldbergs Analyse zu Zahlen der UN, Hamas-Verbrechen und israelischen Sicherheitsinteressen verhält. Stattdessen werden Rezipient:innen emotional aufgeladen („disgusting“, „stupid“) und zur Solidarität aufgerufen. Die Sendung verzichtet auf Distanz, differenziert nicht zwischen juristischem, historischem und politischem Begriff des Genozids und spart jegliche israelische Perspektive aus, die nicht mit Goldbergs Urteil übereinstimmt. Das mag für ein linkes Publikum, das Bestätigung sucht, funktional sein; wer eine analytische Auseinandersetzung mit komplexen Rechtsfragen und historischen Kontroversen erwartet, wird enttäuscht. Die Folge ist ein Beitrag zur Meinungsmache, nicht zur Aufklärung.