Der Deutschlandfunk-Kultur-Podcast „Die Reportage“ begleitet in dieser Folge eine 75-jährige Zürcherin, die nach ihrer Pensionierung als Privatdetektivin arbeitet. Moderator Eberhard Schade porträtiert „Theresa“, die seit zehn Jahren Ehepartner ausspioniert, Diebstähle aufklärt und dabei die Unsichtbarkeit alter Frauen als Tarnung nutzt. Zwischen Casino-Besuchen, Nachtobservationen und emotionalen Kund:innengesprächen entsteht ein lebendiges Bild eines ungewöhnlichen Berufslebens im Rentenalter. ### 1. Die Unsichtbarkeit alter Frauen als Erfolgsrezept Theresa nutzt bewusst das gesellschaftliche Unsichtbarkeitsprinzip für ältere Frauen als strategischen Vorteil. „Würde sie neben einem an der Bushaltestelle stehen […] würde man keine Notiz von ihr nehmen“, heißt es. Sie wechselt Perücken, Kleidung und Schuhe, um ihre Zielpersonen zu täuschen – und profitiert davon, dass Gesellschaft Alter und Weiblichkeit als „unspektakulär“ wahrnimmt. ### 2. Frauen beauftragen Frauen – und scheitern oft anderswo Etwa zwei Drittel der Kundschaft seien Frauen, viele davon würden explizit eine Detektivin suchen. Eine Klientin berichtet: „Ich habe […] immer geschrieben, es müsste eine Frau sein […] Die haben mir nicht mal Antwort gegeben, keine der fünf.“ Theresa füllt somit eine Nische, die von klassischen Detekteien offenbar ignoriert wird. ### 3. Detektivarbeit als emotionale Doppelrolle Theresa ist nicht nur Beobachterin, sondern auch Seelsorgerin. Sie bietet Kund:innen das „Du“ an, begleitet sie bis vor Gericht und gibt Ratschläge („einen Garten hat man monatlich zu jäten“). Die Grenze zwischen professioneller Aufklärung und persönlicher Nähe verschwimmt; sie korrigiert sogar Klientinnen, wenn sie glaubt, beide Seiten trügen Schuld an einer Trennung. ### 4. Brisante Methoden in rechtlichen Grauzonen Offiziell duldet die Schweiz jeden mit tadellosen Führungszeugnis als Detektiv, doch Theresa nutzt Tricks, die an der Legalität kratzen: Minikameras in Zigarettenschachteln, markierte Banknoten, heimliche Fotos in Spielhallen. Sie weiß: „Durch Schlüssellöcher filmen […] ist natürlich verboten“, doch wo genau sie ihre Bilder hernimmt, bleibt offen. ### 5. Alter als prekärer Beweggrund statt Ruhestand Theresa ging nicht aus Leidenschaft, sondern aus finanzieller Not in den Detektivberuf: „meine monatliche Rente [reichte] nicht für den Lebensabend“, außerdem erntete sie nur Alters-Absagen auf dem Arbeitsmarkt. Ihre Geschichte ist damit auch ein Statement über Altersarmut und strukturelle Diskriminierung älterer Arbeitnehmer:innen. ## Einordnung Die Reportage inszeniert Theresa als sympathische „Miss Marple von Zürich“ und bedient sich dabei klischeehafter Bilder: die tougereife Seniorin, die mit „weiblicher Intuition“ und Spürnase aufklärt, was Polizei und Justiz nicht sehen. Dass ältere Frauen gesellschaftlich unsichtbar sind, wird als Geheimwaffe zelebriert – die strukturelle Diskriminierung, die dahintersteckt, wird jedoch kaum hinterfragt. Stattdessen wird Verfügungsraum über geringe Rente zur Dramaturgie aufgeblasen: „Ich brauche den Kick“ klingt romantisch, kaschiert aber prekäre Altersplanung. Inhaltlich bleibt der Podcast auf der sicheren See: Es geht um Ehebruch, Diebstahl und obskur wirkende, aber nie strafrechtlich relevante Observationen. Kritik an Überwachung oder an der Kommerzialisierung von Intimleben bleibt aus. Vielmehr wird Detektivarbeit als notwendiges Korrektiv dargestellt, das vor allem Frauen eine Stimme verschafft. Dass die Grenzen zwischen Privatsphäre, Beweisrecht und Voyeurismus fließend sind, thematisiert die Sendung nur am Rande. Die Erzählung bleibt damit unterhaltsam, aber letztlich unkritisch – eine Krimi-Ästhetik, die reale soziale Fragen zur Seite schiebt.