Echo der Zeit: International: Wie kann Angolas Wirtschaft vielfältiger werden?
Der Podcast zeigt, wie Angola in der Öl-Falle sitzt und warum Start-ups und Bauern trotz eigener Initiative kaum aufblühen können.
Echo der Zeit
26 min read1659 min audioDer Echo-der-Zeit-Podcast "Angolas vergebliche Hoffnung auf neue Wirtschaft" zeigt, warum das südwestafrikanische Land trotz Ölreichtums in Armut stecken bleibt. Carlos Rosado de Carvalho (Wirtschaftsprofessor), Grasinda Joao (Markthändlerin), Angela de Miranda (Inkubator-Chefin), Yolanda Pitra (Start-up-Gründerin), Carlos Pacatolo (Bürgermeister Lobito) und Nelson Rodriguez (Großfarmer) berichten, wie Korruption, Bürokratie und fehlende Infrastruktur jegliche Diversifizierung blockieren.
### T1: Die Öl-Abhängigkeit lähmt jede Alternativwirtschaft
Rosado de Carvalho erklärt, Angola habe das "holländische Problem": Bei hohem Ölpreis flösse Geld, bei niedrigem sinke die Wirtschaft. "Wenn der Ölpreis hoch und die Förderung hoch ist, geht es der Wirtschaft gut, wenn beides niedrig ist, schlecht." Die Phase der Petrodollar sei vorbei und "sehr, sehr kompliziert" für das Überleben.
### T2: Im informellen Sektor überleben, aber ohne Rechte
Grasinda Joao handelt seit 25 Jahren auf dem Mercado do Molier; sie importiert Kleidung und beliefere alle 18 Provinzen. Sie zahlt keine Steuern und braucht keine Lizenz, doch Kredite bekomme man nur zu Zinsen "über 50 %", obwohl Händler:innen "mehr verdienen als viele Angestellte".
### T3: Start-ups wachsen trotz Inkubator-Hilfe nur langsam
Angela de Miranda (Acelera Angola) sagt, viele wüssten "nicht einmal, wo sie anfangen sollen", weil Lizenzen und Genehmigungen teuer und undurchsichtig seien. „Ohne Hilfe ist es nicht nur schwierig, es ist unmöglich.“
### T4: Korruption blockiert Mittelständler und Landwirt
Rosado de Carvalho betont, "ohne Unterstützung der großen politischen Figuren ist Wachstum unmöglich; man muss sich dem Regime anschließen, um erfolgreich zu sein". Kleinere Firmen erhalten laut Gesetz 25 % der öffentlichen Aufträge, „aber das passiert nicht; der Staat hält sein eigenes Gesetz nicht ein“. Nelson Rodriguez kann trotz jahrzehntelanger Nutzung keinen Landtitel bekommen und daher keine Bankkredite für Traktoren oder eine Fabrik aufnehmen.
### T5: Infrastruktur fehlt überall
Selbst der Bürgermeister Lobitos, Carlos Pacatolo, nennt mangelnde Straßen, Elektrizität und Telekommunikation als Hemmnis. Der Lobito-Korridor gelte als Hoffnungsträger, doch ohne massive Investitionen bleibe „Zukunftsmusik“. Rodriguez ergänzt, ohne verarbeitende Industrie und Strom für Bewässerungspumpen könne selbst hohe Tomatenproduktion nicht genutzt werden.
### T6: Junge Angolaner sind unternehmungslustig, aber ohne staatliche Rahmen
Yolanda Pitra will aus Baobabkernen Haarpflegeprodukte machen und eine Haarklinik eröffnen. Sie fordert: „Die Regierung sollte Unternehmer stärker unterstützen; an Ideen mangelt es jungen Leuten nicht.“ Luis Ma Silva sieht zwar ein neues Start-up-Gesetz, doch „es gibt auch gescheiterte Projekte, bei denen nicht klar ist, wohin das Geld geflossen ist“.
## Einordnung
Der Beitrag arbeitet mit klassischem Entwicklungspolitik-Frame: Unternehmergeist + ausländische Investitionen = Aufstieg. Dabei bleibt die koloniale Vergangenheit und die Mitschuld westlicher Staaten an Schulden und Rohstoffabhängigkeit weitgehend unsichtbar. Kritische Expert:innen aus der Zivilgesellschaft oder oppositionelle Stimmen fehlen; stattdessen dominieren Regierungsnahe (Bürgermeister, MPLA-Mitglied Rodriguez) und westlich finanzierte Start-up-Akteure. Die MPLA wird als „autoritär“ und korrupt benannt, doch Alternativen oder demokratische Reformansätze werden nicht diskutiert. Die strukturelle Frage, warum ausgerechnet Öl-Konzerne und westliche Geber Programme finanzieren, die angeblich „Unabhängigkeit“ fördern, bleibt offen. Die Erzählung verharrt in der Logik „Hilfe statt Mitverantwortung“ und reproduziert damit hegemoniale Entwicklungsdiskurse. Für Hörer:innen lohnt sich der Podcast als realistische Momentaufnahme lokaler Unternehmer:innen-Perspektiven; wer jedoch tiefere Analyse von Macht und historischer Verantwortung erwartet, wird enttäuscht.