Die Episode "back at it again" des ChinaTalk-Podcasts diskutiert mit den Experten Tony Hu und Eric Lofgren das politische Verschwinden der sogenannten China-Hawks in Washington. Die Gesprächspartner analysieren, warum sowohl republikanische als auch demokratische Hardliner gegenüber China an Einfluss verloren haben und ob deren Engagement jemals aufrichtig war oder lediglich ein Macht- und Geschäftskalkül darstellte. Sie werfen einen Blick auf die strukturellen Hindernisse einer kohärenten Chinapolitik: fehlende Durchsetzungskraft, widersprüchliche Interessenlagen (Sicherheit, Wirtschaft, Menschenrechte), personelle Fluktuation und mangelnde Expertise in den Sicherheitsbehörden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Rolle der Tech-Industrie, insbesondere Apples, deren tiefe Lieferketten in China als strategische Abhängigkeit kritisiert werden. Am Beispiel des jährlichen NDAA (National Defense Authorization Act) wird zudem die Dysfunktionalität der US-Verteidigungspolitik sichtbar: Policy und Budget laufen oft divergierende Wege, während dringende Rüstungsengpässe seit Jahren nicht behoben werden. ### 1. Die Ära der China-Hawks sei vorbei – aber nicht endgültig tot Die Sprecher einigen sich, dass es kaum noch überzeugte China-Kritiker in Regierungspositionen gebe. Die meisten seien in die private Sektor- oder Think-Tank-Ebene abgewandert. Die aktuelle „Koma-Phase“ könne jedoch durch neue internationale Krisen oder Machtverschiebungen jederzeit beendet werden. ### 2. Konsenslose Chinapolitik als Ergebnis konkurrierender Interessen Eine tragfähige bipartisan Strategie gegenüber China habe nie bestanden. Handels-, Sicherheits-, Menschenrechts- und nationalistische Interessen würden sich permanent blockieren, wodurch nur schwache Kompromisse zuständekommen. ### 3. Tech-Abhängigkeit untergräbt Sicherheitsrhetorik Apple werde als Paradebeispiel für die Diskrepanz zwischen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen genannt. Die massiven Investitionen des Konzerns in chinesische Produktionsnetzwerke würden jede außenpolitische Abschreckung konterkarieren. ### 4. Personalmangel und Qualifikationslücken behindern Umsetzung Die US-Administration verfüge kaum über Fachkräfte mit ausgewiesener China-Kompetenz. Viele Entscheider hätten ihre Karriere im Global-War-on-Terror-Kontext gemacht und seien strategisch unvorbereitet auf den asiatischen Machtkonflikt. ### 5. NDAA als Symbol für verzettelte Rüstungspolitik Der jährliche Verteidigungshaushaltsentwurf autorisiere zwar Rüstungsprojekte, doch die Appropriations-Komitees würden Mittel oft kürzen oder umverteilen. Gleichzeitig fehlten klare Industriestandards, um Munitionsengpässe wie im Ukraine-Krieg oder in Taiwan-Szenarien zu schließen. ### 6. Gesellschaftlicher Zuspruch fehlt für „Abstrakte“ Bedrohungen Ohne ein konkretes Auslöser-Ereignis (z. B. ein Taiwan-Konflikt mit US-Beteiligung) bleiben China-Fragen für die amerikanische Bevölkerung fern. Die Folge: Politiker setzen sich lieber mit innenpolitischen Themen auseinander. ## Einordnung Die Episode zeigt sich als fachkundige, aber durchaus selbstkritische Innenansicht der US-Sicherheits- und Chinapolitik. Die Gesprächsführung bleibt trotz gelegentlicher Polemiken professionell; Verschwörungstheorien oder menschenfeindliche Positionen sucht man vergeblich. Besonders hervorzuheben ist die offene Auseinandersetzung mit gescheiterten Annahmen (z. B. dass wirtschaftliche Öffnung China liberalisieren würde) sowie das Eingeständnis eigener Blindspektren gegenüber der US-Bevölkerung. Kritisch bleibt, dass Marginalisierte – etwa betroffene Arbeiter:innen oder asiatischstämmige US-Bürger:innen – keine Stimme erhalten, was Fragen nach Interessen und Machtverhältnissen offen lässt. Insgesamt bietet die Sendung keine einfachen Antworten, sondern ein differenziertes Problembewusstsein, das die Komplexität geopolitischer Interessenskonflikte erkennbar macht. Hörempfehlung: Ja – für alle, die tiefer in die Machtmechanismen, Selbstblockaden und Tech-Abhängigkeiten der US-China-Politik eintauchen wollen.