Der Deutschlandfunk-Podcast „Der Rest ist Geschichte“ beleuchtet in der Folge „Wie Putin Tschetschenien den Kampf um Unabhängigkeit austrieb“ die gewaltsame Unterwerfung der Kaukasusrepublik durch Russland. Moderator Antran und die Osteuropa-Expertin Sabine Adler zeichnen den Weg von der tschetschenischen Unabhängigkeitsbewegung in den 1990er-Jahren über die beiden Kriege bis zur Machtübernahme des pro-russischen Kadyrow-Clans nach. Dabei wird deutlich, wie Terrorakte beider Seiten, geopolitische Kalküle und mangelnde Verhandlungsbereitschaft die Eskalation beförderten. Die Episode endet mit dem Hinweis, dass Putins Vorgehen in Tschetschenien als Blaupause für spätere Militäroperationen – etwa in der Ukraine – diene. ### 1. Tschetscheniens Unabhängigkeit sei 1991 realistisch gewesen, weil die Sowjetunion zerbrach und Souveränitätsbestrebungen im ganzen Land Fahrt aufnahmen. „Es waren realistische Hoffnungen, weil es viel in Bewegung war.“ ### 2. Die erste tschetschenische Präsidentin Dshohar Dudajev habe mit dem Trauma der Stalin-Deportationen mobilisiert und so ein kollektives Identitätsgefühl geschaffen. „Das war eine Ungerechtigkeit … wenn wir uns nicht wehren, kann uns das gleiche Schicksal wiederfahren.“ ### 3. Beide Seiten hätten auf Dialog verzichtet und stattdessen die „Sprache der Gewalt“ gesprochen. „Keine Seite hat irgendwie den Versuch unternommen, das Ganze durch Gespräche … politisch zu klären.“ ### 4. Der Moskauer Theateranschlag 2002 habe gezeigt, dass sich der Terror auf die russische Zivilgesellschaft ausweitete. „Unser Kommando ist gekommen, um für die Freiheit des tschetschenischen Volkes zu sterben.“ ### 5. Putin habe den zweiten Krieg genutzt, um sich als „Ordnungshücher“ zu profilieren und das Land wieder unter Moskauer Kontrolle zu bringen. „Das erste, was er macht: er will Recht und Ordnung … wiederherstellen.“ ### 6. Die Kadyrow-Dynastie werde von Moskau geduldet, weil sie innere Ruhe durch drakonische Repression garantiere. „Kadyrov ist bereit, unendlichen Druck auf das eigene Volk auszuüben.“ ## Einordnung Die Episode arbeitet journalistisch aufwendig und quellenreich: Historiker Jeronim Perovic und Korrespondentin Sabine Adler liefern differenzierte Einordnungen, direkte Zeitzeugnisse und historische Karten. Die Redaktion durchbricht geschickt die Opfer-Täter-Dichotomie, indem sie sowohl tschetschenische Terrorakte als auch russische Kriegsverbrechen benennt. Kritisch bleibt, dass westliche Politik kaum als möglicher Einflussfaktor diskutiert wird; die Perspektive konzentriert sich auf Moskau und Grosny. Die Parallelen zur Ukraine-Politik Putins sind plausibel, aber nicht neu. Insgesamt liefert der Podcast eine gut recherchierte, wenn auch Moskau-zentrierte Erzählung, die vor allem die Brutalität des Konflikts und die Langzeitstrategie des Kremls herausstellt. Hörempfehlung für alle, die ein fundiertes, stilistisch unterhaltsames Geschichtsfeature über den tschetschenisch-russischen Krieg suchen.